Zur Annahme einer Alleinerbeneinsetzung der Lebensgefährtin des Erblassers ...
Zur Annahme einer Alleinerbeneinsetzung der Lebensgefährtin des Erblassers ...
Zur Annahme einer Alleinerbeneinsetzung der Lebensgefährtin des Erblassers trotz augenscheinlicher Verteilung nur einzelner Nachlassgegenstände auf mehrere Personen, wenn die ihr zugewandten Vermögenswerte aus Sicht des Erblassers den wesentlichen Teil seines Nachlasses darstellten und sie nach dem Testament auch für „Beerdigung und Folgekosten“ verantwortlich zeichnen sollte.
(OLG Saarbrücken, Beschluss vom 30.3.2022, 5 W 15/22, BeckRS 2022, 9707)
Eine Einsetzung als Erbe kann vom Erblasser auch dann gewollt sein, wenn er zwar nur einzelne Gegenstände verteilt, er einer Person jedoch Gegenstände zugewendet hat, die nach seiner Vorstellung das Hauptvermögen bilden.
Der Fall
Der Erblasser errichtete ein handschriftliches Testament und bestimmte seine Lebensgefährtin „als Erbe für mein Haus“, auch sollte sie sein „Barvermögen“ bei den Banken erben. Grundstücke und Anteile an Grundstücken hingegen wurden an seine Nichten vererbt. Für seine Beerdigung und Folgekosten sollte seine Lebensgefährtin „zeichnen“.
Die Lebensgefährtin stellte einen Erbscheinsantrag mit dem Inhalt, dass sie Alleinerbin wird. Das Nachlassgericht kündigte an, diesen Erbschein zu erteilen. Da die Nichten und Neffen damit nicht einverstanden waren, musste das Oberlandesgericht Saarbrücken entscheiden.
Die Entscheidung
Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat die Lebensgefährtin als Erbin bestätigt. Es hat ausgeführt, dass der Sprachgebrauch nicht immer so exakt ist oder sein kann, dass der Erklärende mit seinen Worten genau das unmissverständlich wiedergibt, was er zum Ausdruck bringen wollte. Zu beachten ist zwar, dass nach § 2087 Abs. 2 BGB nicht anzunehmen ist, dass eine Person, der nur einzelne Gegenstände zugewendet werden, auch Erbe sein soll, selbst wenn sie als Erbe bezeichnet ist. Gleichwohl kann aber für die Annahme einer Erbeinsetzung der Lebensgefährtin hier sprechen, dass der Erblasser der Lebensgefährtin die Gegenstände zugewendet hat, die nach seiner Vorstellung das Hauptvermögen bilden. Das Hausanwesen und das Barvermögen des Erblassers übertreffen das übrige Vermögen in seinem Wert ganz erheblich. Den Nichten und Neffen wurden lediglich landwirtschaftliche Grundstücke zugedacht, die wertmäßig nur einen deutlich kleineren Teil des Nachlasses ausmachen. Als zusätzliches Anzeichen für die Erbeinsetzung der Lebensgefährtin spricht, dass sie den Nachlass zu regeln hatte, namentlich die Bestattungskosten zahlen sollte. Das Nachlassgericht ist also zu Recht davon ausgegangen, dass die Lebensgefährtin die Alleinerbin des Erblassers ist.
DVEV-Expertenrat
Werden in einem Testament juristische Begriffe nicht ordnungsgemäß verwendet, so entsteht schnell ein Streit über deren Bedeutung. Wer Gerichtsverfahren über die Auslegung eines Testaments in zwei Instanzen vermeiden will, dem ist dringend angeraten, bei der Erstellung eines Testaments den fundierten Rat eines Fachanwalts/Fachanwältin für Erbrecht einzuholen. Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht in Heidelberg und Geschäftsführer der DVEV weist darauf hin, dass die Kosten eines ersten Beratungsgespräches nach Rechtsanwaltsvergütungsgesetz inklusive Umsatzsteuer 226,10 € betragen. Der Nutzen einer fundierten Beratung überwiegt bei weitem deren Kosten und vermeidet einen langwierigen Rechtsstreit vor Gericht.
Weitere Informationen
Fundstelle: OLG Saarbrücken, Beschluss vom 30.3.2022, 5 W 15/22, BeckRS 2022, 9707
Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V. (www.dvev.de)