Berliner Testament: Vorsicht vor der Bindungswirkung
Berliner Testament: Vorsicht vor der Bindungswirkung
Viele Ehepaare wollen sich zunächst gegenseitig als Erben einsetzen, um den Partner im Falle des eigenen Todes abzusichern. Erst beim Tod des überlebenden Ehegatten wollen viele ihr Vermögen in einem zweiten Schritt dann an Dritte, meist an ihre Kinder, weitervererben. „Diese Wünsche können Ehegatten mit dem Berliner Testament realisieren“, erklärt Jan Bittler, Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV) in Angelbachtal.
Der Fachanwalt für Erbrecht empfiehlt das Berliner Testament vor allem Eheleuten in jungen und mittleren Jahren mit Kindern. Bei älteren Eheleuten kann das Berliner Testament aber auch sinnvoll sein. Wenn unvernünftige Verfügungen des überlebenden Ehegatten verhindert werden sollen. Denn das Berliner Testament hat eine Bindungswirkung – über den Tod des Erstverstorbenen hinaus.
„Aus diesem Grund sollten Ehepaare bei der Gestaltung aber auch genau aufpassen“, warnt Bittler. Solange beide Ehegatten noch leben, können sie über ihr Vermögen verfügen. Nach dem Tod eines Ehegatten ist der Überlebende allerdings an die Einsetzung der – in der Regel - Kinder als Schlusserben gebunden. Er kann also nicht mehr darauf reagieren, dass sich das Verhältnis zu den Kindern eventuell verschlechtert hat. Dieses Problem kann aber auch aus der Welt geschafft werden. „Der Überlebende kann die angefallene Erbschaft ausschlagen und so seine Testierfreiheit wieder erlangen.“
Ein Nachteil des Berliner Testaments ist zudem, dass dasselbe Vermögen zweimal der Erbschaftssteuer unterfällt: zum einen beim Übergang des Vermögens auf den überlebenden Ehegatten und zum anderen beim späteren Übergang auf die Schlusserben. „Für Eheleute mit einem größeren Vermögen kann das Berliner Testament daher unter erbschaftsteuerlichen Gesichtspunkten manchmal nicht sinnvoll sein“, gibt Bittler zu bedenken.
Das ist etwa der Fall, wenn der Überlebende das Vermögen für seinen eigenen Unterhalt nicht benötigt. In diesem Fall sollten das Vermögen oder wesentliche Teile davon schon im ersten Erbfall an die Schlusserben gehen. Dann werden auch die steuerlichen Freibeträge der Kinder genutzt. Wenn nämlich der Ehegatte als Alleinerbe eingesetzt ist, trägt er allein die gesamte erbschaftssteuerliche Last und die Freibeträge der Kinder werden verschenkt.
Ein weiteres Problem bei der Vermögensübertragung durch ein Berliner Testament können auch die Pflichtteilsansprüche sein. Im ersten Erbfall enterbte Kinder können nämlich den Pflichtteil aus diesem Nachlass verlangen. Das hat zuletzt auch das Oberlandesgericht Koblenz in einer Entscheidung (Beschluss vom 14.06.2010, Az.: 2 U 831/09) bekräftigt. „Bei einem Berliner Testament entsteht mit jedem Erbfall der Anspruch des durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossenen Abkömmlings gegen den Erben auf Auszahlung des Pflichtteils.“ Daran ändere sich auch dann nichts, wenn die Eltern denken, es gebe nur einen die Kinder begünstigenden Erbfall. „Die Pflichtteilansprüche können den überlebenden Ehegatten aber in finanzielle Schwierigkeiten bringen – wenn der Nachlass etwa aus Immobilien besteht“, warnt Bittler.
Doch auch hier gibt es eine Lösung: Ehegatten sollten mit ihren Kindern einen Pflichtteilsverzicht vereinbaren. Außerdem können sie in das Berliner Testament Verwirkungs- und Strafklauseln aufnehmen. Die Inanspruchnahme des Pflichtteils soll dadurch so unattraktiv wie möglich gemacht werden. Dem überlebenden Ehegatten kann aber auch die Befugnis eingeräumt werden, frei über den Nachlass zu verfügen – zumindest für den Fall, dass der Pflichtteil beansprucht wird. Dann kann der Überlebende das Kind später auf den Pflichtteil setzen.
Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V. (DVEV)