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Testierunfähig wegen Schmerztherapie?

Testierunfähig wegen Schmerztherapie?

Allein die theoretische Möglichkeit, durch eine Schmerztherapie geistig beeinträchtigt zu sein und die Bedeutung seiner Willenserklärung nicht mehr erkennen zu können, macht ein Testament nicht unwirksam, so das OLG Brandenburg in seinem Beschluss vom 13.1.2014 (3 W 49/13, BeckRS 2014, 01723).

Der Erblasser setzte in seinem handschriftlichen Testament seine Schwester zur Alleinerbin ein. Zu diesem Zeitpunkt unterzog er sich, wegen einer schweren Darmkrebsoperation, einer palliativen Chemotherapie und einer medikamentösen Schmerztherapie. Nach seinem Tod wendet sich der Bruder des Erblassers gegen die Ausstellung des Erbscheins für die Schwester. Auf Grund der Behandlung des Erblassers mit Schmerzmitteln zur Zeit der Testamentserrichtung, zweifelt er an dessen Testierfähigkeit.

Die Behandlung beeinträchtigt die Testierfähigkeit dann, wenn der Erblasser durch die starken Schmerzmittel eine Bewusstseinsstörung erleidet. Er wäre dadurch nicht mehr in der Lage, die Bedeutung seiner abgegebenen Willenserklärung zu erkennen und nach dieser Einsicht zu handeln. Das war hier nicht gegeben, legten die behandelnden Ärzte in einer Stellungnahme dar. Der Erblasser habe sich zwar in einem reduzierten Allgemeinzustand befunden, sei aber zu Ort, Person und Zeit orientiert gewesen.

Konkrete Anhaltspunkte, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war und die Bedeutung seiner letztwilligen Verfügung nicht erkennen konnte, waren für das Gericht nicht ersichtlich und wurden vom Bruder auch nicht vorgetragen. Da allein die theoretische Möglichkeit einer Beeinträchtigung durch die Schmerzmittel nicht genügt, lehnte es das Gericht ab ein Sachverständigengutachten über die Testierfähigkeit des Erblassers einzuholen und gab der Schwester Recht.

Tipp des Rechtsexperten:

"Grundsätzlich gilt jeder Erblasser so lange als testierfähig, bis die Testierunfähigkeit zur Gewissheit des Gerichts nachgewiesen ist. Um Streitigkeiten vor den Gerichten zu vermeiden, ist es empfehlenswert, rechtzeitig, also in gesunden Tagen, die Vermögensnachfolge zu regeln und nicht bis zum Ausbruch einer schweren Krankheit zu warten. Die Frage der Testierfähigkeit stellt sich dann erst gar nicht und so wird der Streit vermieden", so Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer der DVEV.

Weitere Informationen:

Fundstelle: OLG Brandenburg, Beschluss vom 13.1.2014 (3 W 49/13, BeckRS 2014, 01723).

Autorin: Rechtsanwältin und DVEV-Mitgliede Melanie Scharf, Kanzlei Rudolf & Kollegen, Angelbachtal

Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V. (DVEV)