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Unauffindbares Testament: Bloße Nachschrift nicht ausreichend

Unauffindbares Testament: Bloße Nachschrift nicht ausreichend

Eine bloße „Nachschrift“, die ein Erbe von einem ihm gezeigten Testament erstellt hat, ist auch bei Vorlage einer eidesstattlichen Erklärung nicht ausreichend für die Feststellung einer entsprechenden Erbeinsetzung, so das OLG Stuttgart in seinem Beschluss vom 19.01.2016.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.01.2016, 8 W 23/15, BeckRS 2016, 02584 

Der Fall

Die gesetzlichen Erben des Erblassers beantragten die Erteilung eines Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Die Freunde des Erblassers, Gerhart und Heidemarie, beantragen, diesen zurückzuweisen und berufen sich darauf, testamentarische Erben aufgrund eines Testaments vom 20.9.2011 geworden zu sein, das allerdings verschollen ist. Es liegt jedoch ein weiteres Testament des Erblassers vom 18.10.2011 vor, mit folgendem Inhalt:

"Testament vom 20.09.2011: 1. Änderung:

Der Inhalt von Garage, Scheuer, Schuppen sowie Schuppen von Tante Anna soll beim Haus bleiben und gehört somit Gerhart und Heidemarie … Das ist mein letzter Wille".

Da das Testament vom 20.09.2011 nicht auffindbar ist, legte Gerhart eine eidesstattliche Erklärung vor. Darin versicherte er, dass er das formgerecht errichtete Testament des Erblassers vom 20.09.2011 von diesem gezeigt bekommen, es gelesen und dieses Testament Verfügungen zu seinen Gunsten und weiterer Personen enthalten habe. Den genauen Inhalt des Testaments vom 20.09.2011 hat er in einer „Nachschrift“ wiedergegeben und dem Gericht vorgelegt.

Die Entscheidung

Das formgültige Testament vom 18.10.2011 enthält keine Erbeinsetzung, sondern lediglich deutliche Anhaltspunkte dafür, dass die Freunde Gerhart und Heidemarie das Haus erhalten sollen. Wen der Erblasser darüber hinaus zu Erben eingesetzt hat, ergibt sich aus dem Testament vom 18.10.2011 nicht.

Das Testament vom 20.09.2011 ist nicht auffindbar. Ist ein Originaltestament nicht auffindbar, kann Form und Inhalt mit allen zulässigen Beweismitteln festgestellt werden, z. B. durch Ablichtung, Durchschrift, Abschrift, Zeugen oder Sachverständige. Wer sich jedoch auf ein unauffindbares Testament beruft, trägt im Erbscheinsverfahren insofern die Feststellungslast. Gerhard ist selbst Verfahrensbeteiligter mit einem unmittelbaren Interesse am Ausgang des Verfahrens. Deshalb reicht seine bloße „Nachschrift“ des Testaments nicht aus, auch wenn er eine eidesstattliche Erklärung abgibt. Weitere Anhaltspunkte für seine Erbeinsetzung sah das OLG nicht, weswegen die gesetzlichen Erben Recht bekamen.

Tipp des Rechtsexperten

Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer der DVEV, rät deshalb: "Es kommt gar nicht so selten vor, dass Testamente, von deren Vorhandensein die Erben wissen, nach dem Tode nicht auffindbar sind. Der Erblasser sollte sein Testament nicht an irgendeinem unbekannten, geheimen Ort verstecken, sondern sicherstellen, dass es von der richtigen Person gefunden wird. Entgegen der weitläufigen Ansicht können auch privatschriftliche Testamente gegen eine moderate Gebühr von insgesamt einmalig 90 € in amtliche Verwahrung bei den Nachlassgerichten gegeben werden. Dann ist sichergestellt, dass sie nicht verloren gehen".

Weitere Informationen

Fundstelle: OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.01.2016, 8 W 23/15, BeckRS 2016, 02584 

Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.