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Was ist mit „gleichzeitiges Versterben" gemeint?

Was ist mit „gleichzeitiges Versterben" gemeint?

In einem Ehegattentestament kann die Formulierung „gleichzeitiges Versterben“ durchaus nicht im Wortsinn gemeint sein. Vielmehr können verschiedene Anordnungen im Testament Anhaltspunkte für den Fall des zeitlichen nacheinander Versterbens der Ehegatten sein, so dass OLG München.

2009 verstarb der Ehemann, 2012 die Ehefrau. Die Eheleute hinterließen ein gemeinschaftliches Testament mit folgendem Inhalt:
„Für den Fall des gleichzeitigen Versterbens bestimmen wir hiermit als Schlusserben J.K. Sämtliche in diesem Testament niedergelegten Verfügungen sind wechselbezüglich. Sie können daher nur gemeinschaftlich abgeändert oder durch Widerruf beseitigt werden. Nach dem Tod eines Teils von uns soll aber der überlebende Teil berechtigt sein, einseitig dieses Testament zu ändern.“
Der J.K. zunächst erteilte Alleinerbschein wurde vom Nachlassgericht mit dem Argument, die Eheleute seien nicht gleichzeitig verstorben, wieder eingezogen. Dagegen legte er erfolgreich Beschwerde ein.
Das Testament regelt ausdrücklich nur, dass J.K. bei gleichzeitigem Versterben der Eheleute „Schlusserbe" sein soll. Der Fall des Versterbens in zeitlichem Abstand ist dagegen nicht geregelt. Das Gericht musste das Testament deshalb auslegen. In der Gesamtschau kam es zu dem Schluss, dass die Ehegatten auch das Versterben nacheinander, selbst mit erheblichen zeitlichen Abstand, geregelt haben.
Das Gericht folgerte dies zum einen aus der Abänderungsbefugnis, die den Schlusserben betrifft. Sie ergibt nur dann Sinn, wenn ein Ehegatte überlebt und dann die Möglichkeit hat einen anderen Schlusserben einzusetzen. Bei der Verwendung der Formulierung „gleichzeitig“ im eigentlichen Wortsinn, wäre aber die Anordnung einer Abänderungsbefugnis überflüssig. Zum anderen benutzten die Eheleute den Begriff „Schlusserbe“. Dieser setzt ebenfalls voraus, dass vor Anfall des Nachlasses zugunsten des Bedachten bereits ein Erbgang zugunsten des überlebenden Ehegatten erfolgt ist. Beides wäre bei einem „gleichzeitigen Versterben“ nicht gegeben.

Tipp des Rechtsexperten:

„In einem Testament sollte nie nur eine Regelung für das gleichzeitige Versterben getroffen werden. Es sollte immer klargestellt werden, ob die Regelung auch für den Fall gilt, dass die Eheleute nacheinander versterben, oder nicht. Ansonsten kann das Ergebnis der Auslegung dann durchaus nicht im Sinne des Erblassers sein. Es ist deshalb sinnvoll, beim Verfassen des Testaments fachkundigen Rat einzuholen“, empfiehlt Jan Bittler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer der DVEV.

Weitere Informationen:

Fundstelle: OLG München, Beschluss vom 24.10.2013, 31 Wx 139/13, BeckRS 2013, 18768

Autorin: Rechtsanwältin und DVEV-Mitgliede Melanie Scharf, Kanzlei Rudolf & Kollegen, Angelbachtal

Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V. (DVEV)