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Welche Befugnisse beinhaltet eine Vorsorgevollmacht?

Welche Befugnisse beinhaltet eine Vorsorgevollmacht?

Im Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins kann sich ein dementer Antragsteller vertreten lassen. Hierfür ist eine schriftliche Vorsorgevollmacht ausreichend. Dabei kann die Abgabe der dazu nötigen eidesstattlichen Versicherung auch durch den Vorsorgebevollmächtigten erfolgen, entschied das OLG Bremen in seiner Entscheidung vom 14.9.2021, die die DVEV verkürzt wiedergibt.
(OLG Bremen, Beschluss v. 14.9.2021, 5W27/21, BeckRS 2021, 29937)

Der Fall
Der verstorbene Erblasser hinterließ seine Ehefrau und seine Tochter. Zu Lebzeiten hatte er in einem gemeinschaftlichen Testament seine Ehefrau als Alleinerbin eingesetzt. Die Ehefrau hatte ihrerseits 2013 zugunsten ihrer Tochter eine maschinenschriftliche und von ihr eigenhändig unterschriebene Vorsorgevollmacht erstellt, die auch eine gesetzliche Betreuung ersetzen sollte. Spätestens seit April 2020 stand fest, dass die Ehefrau wegen ihrer Parkinsonerkrankung nicht mehr geschäftsfähig ist. Im November 2020 stellte die Tochter als Vorsorgebevollmächtigte für die Mutter einen Erbscheinsantrag beim Nachlassgericht, um die Mutter als Alleinerbin festzustellen. Sie gab ebenfalls die nötige eidesstattliche Versicherung ab. Das Nachlassgericht wies den Erbscheinsantrag unter anderem mit der Begründung ab, dass die Vorsorgevollmacht nicht eigenhändig von der Mutter geschrieben worden sei und die Tochter keine eidesstattliche Versicherung für die demente Mutter abgeben könne. Dagegen wehrte sich die Tochter mit ihrer Beschwerde zum OLG Bremen.

Die Entscheidung
Im Verfahren vor dem Nachlassgericht verlangt das Gesetz die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht (§ 11 S. 1 FamFG). „Schriftlich“ bedeutet aber nicht, dass die Vollmacht eigenhändig geschrieben werden muss, sondern es genügt durchaus ein maschinengeschriebener Text. Eigenhändig muss lediglich die Unterschrift sein, was gegeben war. Dass die Mutter 2020 dement war, erlaubt ebenfalls keinen Rückschluss auf das Abfassen der Vollmacht im Jahr 2013.
Die für den Erbscheinsantrag erforderliche eidesstattliche Versicherung (§ 352 Abs. 3 FamFG) kann grundsätzlich nicht von einem Vertreter abgegeben werden. In der Rechtsprechung ist jedoch strittig, ob zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bei einem dementen Antragsteller ein gesetzlicher Betreuer bestellt werden muss. Vorrang vor der gesetzlichen Betreuung hat jedoch immer der wirksam bestellte Bevollmächtigte, der die Angelegenheiten des Vollmachtgebers wahrnehmen kann. Die Tochter war rechtswirksam ernannt worden und genoss das Vertrauen der Mutter. Bei einem vom Gericht eingesetzter Betreuer wäre das nicht der Fall. Die Tochter durfte somit die eidesstattliche Versicherung abgeben und bekam vor dem OLG Bremen Recht.

DVEV-Expertenrat
Niemand weiß, ob ihm im Alter Demenz und damit Geschäftsunfähigkeit droht. In guten Tagen vorzusorgen, z. B. mit einer Vorsorgevollmacht, ist deshalb unerlässlich. Wer dies versäumt, riskiert die Bestellung eines Betreuers durch das Betreuungsgericht. Beim Verfassen einer Vorsorgevollmacht muss sorgfältig vorgegangen werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Hier empfiehlt Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht in Heidelberg und Geschäftsführer der DVEV, sich unbedingt fachlich beraten zu lassen.

Weitere Informationen

Fundstelle: OLG Bremen, Beschluss v. 14.9.2021, 5W27/21, BeckRS 2021, 29937
Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.