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Wenn von zwei gleichlautenden Testamenten eines vernichtet wird

Wenn von zwei gleichlautenden Testamenten eines vernichtet wird

Steht beim Vernichten eines Originaltestaments der Aufhebungswille des Erblassers zweifelsfrei fest, dann ist dies ein Widerruf, auch wenn mehrere gleichlautende Originaltestamente existieren. Das entschied das OLG Köln in seinem Beschluss vom 22.4.2020, den die DVEV in verkürzter Form wiedergibt.

(OLG Köln, Beschluss v. 22.4.2020, 2 Wx 24/20, BeckRS 2020, 10044)

Der Fall

Die Eheleute schlossen 2007 einen Erbvertrag, in dem sie ihren Urenkel zum Alleinerben einsetzten und dem überlebenden Ehegatten das Recht einer abweichenden Erbregelung einräumten. Nach dem Tod ihres Ehemannes errichtete die Witwe ein handschriftliches Testament, das ihre Haushaltshilfe als Alleinerbin begünstigte. Wegen eines Zerwürfnisses mit ihrer Haushaltshilfe zerriss sie vor den Augen eines Rechtsanwalts dieses Testament und erklärte, dass sie von allen mit der Haushaltshilfe bestehenden Vereinbarungen zurücktreten werde. Nach dem Tod der Witwe beantragte der Urenkel einen Erbschein nach dem Erbvertrag von 2007. Dem entgegnete die Haushaltshilfe, sie sei im Besitz des Originaltestaments und deshalb die Alleinerbin.

Die Entscheidung

Ein Erblasser kann nach §§ 2253, 2255 BGB ein Testament jederzeit durch Vernichten, wie z. B. Zerreißen, widerrufen. Das BGB vermutet, dass er damit die Aufhebung des Testaments beabsichtigt hat. Allerdings gilt diese Vermutung nur für ein einziges Originaltestament. Sie kann nur dann für zwei gleichlautende Originaltestamente bestehen, wenn sich der Aufhebungswille des Erblassers eindeutig feststellen lässt, er den Begünstigten zweifellos enterben wollte. Im Beisein des Rechtsanwalts zerriss die Erblasserin das Testament und ließ sich bei der Rückabwicklung bestehender Vereinbarungen mit ihrer Haushaltshilfe rechtlich beraten. Sie hatte zudem keinen persönlichen Kontakt mehr zu ihr. Darin sieht das Gericht den eindeutigen Aufhebungswillen. Dass die Erblasserin das zweite Testament nicht erwähnt hatte, erklärte das Gericht mit ihrer Vergesslichkeit, die es aber nicht für erheblich ansah. Das OLG bestätigte den Urenkel als Alleinerben.

DVEV-Expertenrat

Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht in Heidelberg und Geschäftsführer der DVEV, sagt dazu: „Die Erblasserin wollte bestimmt mit dem Abfassen von zwei Originalen sicher gehen, dass ihr letzter Wille durchgesetzt werden kann, wenn ein Testament verloren gehen sollte. Damit hatte sie, als sie die Erbfolge änderte, jedoch nur Verwirrung gestiftet und einen Rechtsstreit provoziert. Sie hätte besser nur ein Testament verfasst und es in amtliche Verwahrung gegeben. Das hätte sie wahrscheinlich auch nicht so leicht „vergessen“ können.“

Weitere Informationen:

Fundstelle: OLG Köln, Beschluss v. 22.4.2020, 2 Wx 24/20, BeckRS 2020, 10044

Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht- und Vermögensnachfolge e. V. (DVEV)