Volksbund Logo Desktop Volksbund Logo Mobil
Gräbersuche Mitglied werden Jetzt spenden Spenden

Angst vor dieser Reise

Gunther Emmerlich findet seinen Frieden

Das ungewisse Schicksal des im Zweiten Weltkrieg vermissten Vaters lag jahrzehntelang wie eine dunkle Wolke über seinem Leben – jetzt suchte TV-Star Gunther Emmerlich (68) auf einer schmerzlichen Reise in die Vergangenheit die Stelle in Polen auf, wo alle Spuren enden.

 

Im Feuer der Scharfschützen

Die Ortschaft Ptaki in der Nähe des früheren Johannisburg (heute: Pisz) und rund 200 Kilometer nordöstlich von Warschau vermittelt den Eindruck einer ländlichen Idylle mit der träge fließenden Pisa, deren Ufer dicht von braunen Rohrkolben bewachsen sind und wo unweit ge rade ein Zirkus seine Attraktionen aufbaut. Nichts erinnert hier an die Kriegstage im Januar 1945, als der Fluss die erbittert umkämpfte Grenze des deutschen Machtbereiches war. Hier geriet der 36-jährige Obergefreite Walter Emmerlich ins Feuer russischer Scharfschützen.

Als Gunther Emmerlich dieses Geschehen mit stockender Stimme schildert, zeichnen sich für Sekundenbruchteile die bewegenden Gefühle tief in seinem Gesicht ab: „Mein Vater und sein Kriegskamerad, von dem meine Mutter und ich diese Einzelheiten erfahren haben, sind sofort aus dem Jeep und von der damaligen Holzbrücke Hals über Kopf in den Fluss gesprungen. Während dieser Schicksalsgefährte es irgendwie in den Fluten treibend zu den deutschen Stellungen geschafft hat, gibt es von diesem Zeitpunkt an kein Lebenszeichen mehr von meinem Vater. Dass jetzt gerade an dem Tag, als ich das erste Mal auf dieser Brücke stand, wo mein Vater offenbar zu Tode gekommen ist, in Sichtweite ein Rummelplatz mit Karussell aufgebaut wurde, könnte eine Kulisse aus einem Fellini-Film sein. Um den Augenblick noch furchtbarer zu machen.“

Seit seiner Kindheit beschäftigt den gebürtigen Thüringer diese Spurensuche intensiv. Wenn Erwachsene mal die Bemerkung fielen ließen „Dem fehlt der Vater”, trafen diese Worte den kleinen Jungen mitten ins Herz: „Weil ich traurig war, dass meine Mutter so traurig war. Sie ist 1956 im Alter von 49 Jahren zwar rein medizinisch gesehen an Multipler Sklerose gestorben, doch für mich ist diese Krankheit durch ihr großes, seelisches Leid verursacht worden."

Der Vater hat oft gefehlt und manchmal hat der Heranwachsende deshalb das direkte Gespräch zu ihm gesucht: „Wenn ich als Kind mal etwas ausgefressen hatte, habe ich mich im abendlichen Gebet bei ihm entschuldigt, das ging dann über den Himmel irgendwie. Und auch heute noch rede ich mit meinem Vater. Wenn mir mal etwas richtig gut gelungen ist, denke ich mir, er wird sich darüber freuen."