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„Bei uns gibt es nur noch ein Gräberfeld“

Zum Volkstrauertag: Brigadegeneral Jürgen Uchtmann pflegt mit Soldaten den Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee

Es ist ein ungewöhnliches Bild, das sich an diesem 8. November auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee bietet. Männer in Uniform rechen Laub zusammen und reinigen Grabsteine – aus einem ganz konkreten Grund: Am Volkstrauertag, 14. November, ist auch hier eine Gedenkveranstaltung geplant.

Für Brigadegeneral Jürgen Uchtmann aus Gudensberg in der Nähe von Kassel ist es die erste Berührung mit  jüdischem Leben in Deutschland: „Wo ich herkomme, gibt es keine Juden mehr – bei uns gibt es nur noch ein Gräberfeld.“
 

Europas größter jüdischer Friedhof

Dieser Arbeitseinsatz des Volksbundes findet jedes Jahr im Vorfeld des Volkstrauertages statt: Zwei Wochen lang arbeiten aktive Soldaten und Reservisten auf dem flächenmäßig größten jüdischen Friedhof Europas mit seinen 116.000 Grabstellen.

Schon zu Beginn des Ersten Weltkrieges angelegt, wurde das Gräberfeld mit 395 Gefallenen 1927 um ein ebenso schlichtes wie beeindruckendes Ehrenmal ergänzt. Wie immer im November gilt es, die Massen an herabgefallenem Laub zu beseitigen, die Wege frei zu räumen, Moos und Flechten von den Grabzeichen, dem Ehrenmal und den Fugen zu entfernen.
 

1.650 Menschen, die den Freitod wählten

Der Kommandeur des Landeskommandos Berlin, Brigadegeneral Jürgen Uchtmann, packte für einen Tag mit an – für ihn ein persönliches Bedürfnis und eine Frage der Selbstverständlichkeit: „Hier liegen junge Männer jüdischen Glaubens, die für Deutschland ins Feld gezogen sind. Unsere Großväter-Generation sorgte dafür, dass ihre Angehörigen in ihrer Heimat nicht mehr leben konnten“ – sie wurden vertrieben, verfolgt, ermordet oder in den Suizid getrieben. Allein auf dem Friedhof Weißensee liegen 1.650 Menschen, die den Freitod wählten, um Gewaltherrschaft, Deportation und Vernichtung zu entgehen.

Was den Umgang mit Antisemitismus und Rassismus angeht, ist Uchtmann überzeugt: „Wenn man nicht ständig etwas dagegen tut, wird man irgendwann überrollt.“ Für den Volksbund ist der Arbeitseinsatz auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee ein alljährliches Zeichen für Engagement und Solidarität.

Mehr zum Volkstrauertag in Berlin finden Sie hier.

Text: Martin Bayer
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