Deutsch-französischer Fachkräfteaustausch - Besuch im Europäischen Parlament Straßburg (© Lilian Heinen-Krusche / Volksbund)
Deutsch-französischer Fachkräfteaustausch in der JBS Niederbronn
Auch mehrere sächsische Lehrkräfte nutzten die Gelegenheit, sich während einer Fortbildung des Volksbundes mit dem "Elsass zwischen deutscher, französischer und europäischer Geschichte" zu beschäftigen und neue Kontakte zu knüpfen.
Gut 20 Lehrerinnen und Lehrer aus allen Teilen der Bundesrepublik sowie aus dem Elsass verbrachten vom 23. bis zum 26. September 2021 informative Tage in der Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte (JBS) „Albert-Schweitzer“ in Niederbronn-les-Bains, Frankreich. Nach coronabedingter Zwangspause konnte die Fortbildungsreihe für pädagogische Fachkräfte in den Begegnungsstätten des Volksbundes in diesem Jahr endlich fortgesetzt werden – es war bereits die zweite derartige Veranstaltung des Fachbereichs Friedenspädagogisches Arbeiten an Schulen und Hochschulen in Präsenz seit dem Sommer. Geleitet wurde die Fortbildung von der Bildungsreferentin aus dem Volksbund-Landesverband Saar, ihrem sächsischen Kollegen sowie dem pädagogischen Personal der JBS.
Nach teilweise langen Anfahrtswegen – einige mussten ihre Reise ins Elsass bereits am Vortag antreten – lernten sich alle Beteiligten zunächst kennen und formulierten ihre Erwartungen an die nächsten Tage. Entsprechend des Fortbildungsthemas drehte sich nach der Vorstellung des Volksbundes und seiner Bildungsangebote der Eröffnungsworkshop zunächst um die Besonderheiten des Elsass in Bezug auf Kultur, Sprache und Identität, die den Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Verlauf der Reise immer wieder begegnen sollten.
Am zweiten Tag begaben sich die Bildungsinteressierten nach Straßburg, wo sie sowohl das Europaviertel als auch die Straßburger Altstadt erkundeten. Nahezu überall wird hier das Zusammentreffen des germanischen und des romanischen Sprach- und Kulturraumes deutlich, was der Stadt in der Vergangenheit immer wieder zum Verhängnis wurde, bis sie schließlich neben Brüssel eine der beiden europäischen Hauptstädte wurde. Trotz einiger Einschränkungen besuchte die Gruppe das Europäische Parlament und setzte sich mit der Funktionsweise der EU und der europäischen Institutionen auseinander. Dieser Programmteil reihte sich damit perfekt in den Kontext der weithin bekannten Kampagne "Darum Europa!" ein, mit der sich der Volksbund klar und eindeutig positioniert und unterstreicht, dass die Kriegsgräberstätten der verschiedenen Nationen eine wichtige Mahnung sind, sich für die europäische Einigung sowie die europäischen Werte einzusetzen, die nach dem Zweiten Weltkrieg entscheidend zur Friedenssicherung beigetragen haben und weiterhin beitragen. Am Abend erfolgte schließlich ein lockerer Austausch über die gewonnenen Erkenntnisse bei einem gemeinsamen Essen in einer traditionellen elsässischen Lokalität.
Am nächsten Tag stand die pädagogische Arbeit in der JBS im Mittelpunkt, zu der auch immer ein geführter Besuch auf der Kriegsgräberstätte gehört. Dies galt natürlich für unsere deutsch-französische Gruppe genauso wie für Schulklassen. Nach einer Einführung im Ausstellungsraum, in dem verschiedene Biografien von in Niederbronn ruhenden Kriegstoten beleuchtet werden, begaben sich alle auf den Friedhof, der trotz des herrlichen Sonnenscheins eine bedrückende und nachdenkliche Stimmung auslöste. Die Konzentration auf einige bewusst ausgewählte Einzelgräber verdeutlichte jedoch schnell das pädagogische Potential, das die Kriegsgräberstätte für deutsche, französische und binationale Jugendgruppen als authentischer Lernort hat. Nicht zuletzt der Umstand, dass auf dem Friedhof einer der Ursprünge der gemeinsamen europäischen Währung zu finden ist, wird sicher vielen in Erinnerung bleiben: Der sinnlose Tod des hier ruhenden Bruders war dem ehemaligen deutschen Finanzminister Theodor Waigel ein besonderer Ansporn, sich für die Einführung des Euros einzusetzen, als dessen Namensgeber er gleichzeitig gilt.
Im Anschluss stellte die JBS Projektmöglichkeiten und ihr vielfältiges pädagogisches Angebot sowie Fördermöglichkeiten u. a. durch das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) vor. Dabei bestand bei den deutschen wie den französischen Lehrkräften besonderes Interesse, an der JBS eine sog. Drittortbegegnung durchzuführen, bei der sich eine deutsche und eine französische Schulklasse außerhalb ihrer Heimatorte zu einer Begegnung treffen können. Die Fortbildung wurde bereits zu ersten diesbezüglichen Absprachen genutzt – es wäre schön, wenn daraus tatsächlich grenzüberschreitende Schulpartnerschaften entstehen würden.
Auf jeden Fall konnten alle zahlreiche neue Erfahrungen und Erkenntnisse sammeln und mit vielen neuen Ideen und praktischen Anregungen nach Hause fahren. Die engagierte Teilnahme während des gesamten Programms sowie das hervorragende Klima innerhalb der Gruppe lassen letztendlich nur ein Fazit zu: Es war eine absolut gelungene Veranstaltung, die unbedingt eine Fortsetzung finden sollte – am besten mit denselben Leuten, wenn es nach dem Willen aller Beteiligten ginge.
Wir bedanken uns herzlich beim Auswärtigen Amt für die finanzielle Unterstützung!
Text: Carsten Riedel
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