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Ein Jahr Krieg in der Ukraine

Antwort des Präsidenten Wolfgang Schneiderhan auf Anfragen an den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge

„Gemeinsam für den Frieden“, so lautet das Motto des Volksbundes. Im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine seit dem 24. Februar 2022 erreichen den Verein zahlreiche Zuschriften mit ganz unterschiedlichen Forderungen, wofür sich der Volksbund als wesentlicher Träger der Kriegsgräberfürsorge in Deutschland einsetzen sollte.

 

Die einen treibt die Sorge um, dass der äußerst gewaltsame Konflikt noch mehr zahllose Menschenleben kosten wird. Andere sorgen sich eher um eine tragfähige europäische Friedensordnung und das naturgegebene Recht auf Selbstverteidigung. Wiederum andere haben Angst, dass Deutschland selbst das Ziel gewaltsamer russischer Aggression werden könnte.

Alle Seiten eint der Wunsch nach Frieden. Was sie unterscheidet, ist der Weg, der zu diesem Frieden führen soll. Wie gehen wir mit diesen Fragen um?
 

Volksbund-Aufgabe: Frieden gestalten

Wenn man sich an eine Antwort herantastet, dann gehört dazu sicher auch die nüchterne Erkenntnis, dass der Volksbund nur sehr begrenzte Möglichkeiten hat, auf eine Beendigung des Krieges hinzuwirken.

Wir haben vielmehr die Fähigkeit, den Frieden zu gestalten: durch Versöhnungsarbeit, durch Erhalt und Pflege von Kriegsgräberstätten – um die menschliche Tragödie eines Krieges im gesellschaftlichen Bewusstsein zu erhalten – und durch einen Beitrag zur Persönlichkeitsbildung mit Bildung und Aufklärung. Für diese Arbeit ist aber in der Konfliktregion im Augenblick wenig bis gar kein Raum, wenn man auf den Krieg schaut.
 

Was bedeutet Frieden?

Es lohnt sich aber auch, den Begriff „Frieden”, wie ihn der Volksbund in seinem Motto trägt, näher zu betrachten. Frieden bedeutet nicht die Abwesenheit von Krieg. Letztere ist eine Voraussetzung für den Frieden, aber der Weg zu einem echten Frieden ist zumeist sehr komplex. Frieden ist in einer demokratischen Gesellschaft auch immer untrennbar mit Begriffen wie Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten verbunden.

 

Bekenntnis zu europäischen Werten

Die Ukraine mag in den Augen vieler keine perfekte Demokratie vor dem Kriegsausbruch gewesen sein. Aber seit 1991, dem Zerfall der Sowjetunion, ist die Ukraine ein unabhängiger und selbständiger Staat – ungeachtet des langen Strebens nach nationaler Identität in der auch von Gewalt geprägten Geschichte des Landes.

Die Menschen in der Ukraine haben in mehreren Wahlen ihre Regierung frei gewählt und bekennen sich zu den europäischen Werten: freie Wahlen, Pressefreiheit, freie Wahl der Zugehörigkeit zu internationalen Bündnissen. Die Ukraine ist Mitglied der Vereinten Nationen und hat die Mitgliedschaft in der Europäischen Union beantragt. Ihre staatliche Souveränität war und ist weltweit anerkannt.
 

Verletzung der UN-Charta

Daher ist der Angriff Russlands gegen die Ukraine weltweit auch sehr eindeutig als völkerrechtswidrig verurteilt worden. Er stellt einen eklatanten Bruch des Friedens nach Artikel 2 der UN-Charta dar. In seiner Grundhaltung steht der Volksbund damit getreu seinen Werten auf der Seite des Angegriffenen.

Die Opfer der ukrainischen Soldaten, die ihr Land verteidigen, sind immens. Die Zivilbevölkerung wird durch sinnlose Zerstörung der Heimat bewusst terrorisiert und zur Flucht gezwungen.
 

Volksbund sorgt für Mitarbeiter

Der Volksbund sorgt trotzdem weiterhin für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Ukraine und pflegt die Kriegsgräberstätten, wo es geht. Aus den Reihen der haupt- und ehrenamtlich Beschäftigten und Engagierten helfen viele auf eigene Initiative, wo sie nur können.

Dennoch nehmen wir auch menschlich Anteil an den Tausenden von russischen Soldaten, die in den Kämpfen fallen und deren Familien nun trauern müssen. Die Verantwortung für ihren sinnlosen Tod muss die russische Regierung tragen, welche den Angriff befohlen hat und die Macht hätte, das Grauen in der Ukraine zu beenden.
 

Am persönlichen Gewissen messen

Hinschauen, Wegschauen, Raushalten oder Einmischen, die Ukrainer mit Waffen unterstützen oder nicht – alles das wird dieser Tage teilweise heftig diskutiert. Eine absolute Wahrheit sucht man jedoch vergebens, denn am Ende steht jeder vor uns vor seinem Gewissen.

Was sind die Konsequenzen meines Handelns oder auch meines Nicht-Handelns? Für was muss ich dann auch die Verantwortung übernehmen?
 

Bewahren, lernen, handeln

So gesehen kann sich ein jeder aufrichtige Demokrat, jede aufrichtige Demokratin auch im Volksbund wiederfinden, denn wie der Frieden einmal aussehen soll, darin sind sich wohl alle einig.

Der Krieg in der Ukraine wird einmal enden, aber ob es auch einen gerechten Frieden geben wird, hängt ganz entscheidend davon ab, wie der Krieg zu Ende geht. Wir vom Volksbund werden unseren Teil tun, damit ein Frieden hält – so, wie wir es mit unserer Arbeit seit vielen Jahren tun: indem wir bewahren, lernen, handeln.

„Frieden ist in einer demokratischen Gesellschaft auch immer untrennbar mit Begriffen wie Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten verbunden.“

Wolfgang Schneiderhan, Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge

Für Werte einstehen

Kriegsgräberstätten sind eine kulturelle und humanitäre Errungenschaft. Sie müssen bewahrt werden. Ihre Entstehung und die Schicksale der Menschen, die auf ihnen bestattet sind, fordern uns zum Lernen und Verstehen auf. Wir sind aufgerufen, für die Werte, die den Frieden fördern, einzustehen und entsprechend zu handeln.

Handeln erfordert die Bereitschaft, auch gegen Widerstände die friedliche Demokratie zu fördern – ein jeder nach seinen Möglichkeiten. „courage counts” –Mut zählt – heißt das Motto unserer Kampagne zu 70 Jahre Jugendarbeit im Volksbund. Bewahren, lernen, handeln: Nie war es aktueller als in diesen Zeiten.
 

Wolfgang Schneiderhan
Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge

 

Der schwierige Weg zum Frieden

Der Krieg in der Ukraine war auch ein wichtiges Thema bei einer Fachtagung, die der Volksbund jüngst zusammen mit der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Berlin veranstaltete: Thema „Friedensprozesse, Friedensschlüsse und Kriegsfolgen” war sie überschrieben. Ab 2024 wird das das neue Drei-Jahres-Thema des Volksbundes sein. Einen Bericht finden Sie hier: Fachtagung: „Frieden braucht unkonventionelle Lösungen“