Gedenken und Einbettung in Niederbronn
Kriegsgräberstätte vor 50 Jahren eingeweiht
Das Wetter schien gnädig an diesem 1. Oktober 2016, an dem genau vor 50 Jahren die deutsche Kriegsgräberstätte im französischen Niederbronn-les-Bains eingeweiht wurde. Bernard Klein, Leiter der benachbarten Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte (JBS), begrüßte dazu viele französische und deutsche Gäste. In der Gedenkveranstaltung wurde deutlich, dass der Jugend eine zentrale Rolle für die künftige Arbeit der Kriegsgräberfürsorge sowie für das friedliche Zusammenleben in Europa zukommt. Als Abschluss des Gedenkens folgte dann die würdige Einbettung von 15 Kriegstoten. In seinem historischen Kurzvortrag skizzierte JBS-Leiter Klein zuvor die Entstehungsphase der Kriegsgräberstätte Niederbronn sowie den damaligen Zeitgeist der 1960er-Jahre.
Nur zum Vergleich: Im Jahr 1966 zählte man bei der Einweihung der Kriegsgräberstätte über 20 000 Besucher. Anfang Oktober 2016 kamen dagegen nur etwa 250 Gäste anlässlich des 50. Jahrestages der Einweihung. Damals, zwanzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, befand sich die Gesellschaft noch immer im Umbruch. Viele Menschen hatten weiter mit den direkten und indirekten Folgen des Zweiten Weltkrieges zu kämpfen. Doch die Wirtschaft erholte sich überraschend gut von den Kriegsjahren und auch die Jugend engagierte sich über die Grenzen hinweg immer stärker für den Frieden in Europa. Es war der Anfang einer Erfolgsgeschichte der europäischen Aussöhnung und Verständigung, die bis heute fortwirkt.
Der ehemalige französische Staatsminister Daniel Hoeffel appellierte in seiner Gedenkrede auf eindrucksvolle Art an die gemeinschaftlich zu tragende Verantwortung, Europa wieder als Wertegemeinschaft zu sehen. Bevor die Kränze der Stadt Niederbronn-les-Bains, des Volksbundes sowie des Generalkonsuls der Bundesrepublik Deutschland niedergelegt wurden, verlas Brigadegeneral Franz Pfrengle das Totengedenken.
Die Gedenkveranstaltung bot zugleich den feierlichen Rahmen, um Gilbert Wendling, Raymond Blaise und Hubert Bronner für ihre jahrelange Mitwirkung am Volkstrauertag auf der Kriegsgräberstätte Niederbronn auszuzeichnen. Hubert Bronner von der Union National des Combattants trug während der Gedenkfeier übrigens die französische Flagge, die Tricolore, so wie er es schon bei der Eröffnung vor genau einem halben Jahrhundert getan hatte.
Beisetzung von 15 Kriegstoten
Im Zentrum der Gedenkfeier stand die Beisetzung von 15 Soldaten. Sie wurden in den vergangenen Monaten aus namenlosen Grablagen in den umliegenden Wäldern geborgen und erhielten nun endlich eine würdige letzte Ruhestätte auf der Kriegsgräberstätte Niederbronn. Zwölf dieser Kriegstoten fand man in einem Waldstück nahe Bliesbrück, das nur etwa 50 Kilometer von Niederbronn entfernt liegt. Dabei gelang es dem Volksbund in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Dienststelle in Berlin, drei der eingebetteten Kriegstoten erfolgreich zu identifizieren – und ihnen so über 70 Jahre nach ihrem Ableben ihre Namen zurückzugeben. Die Beisetzung wurde unter dem Segen von Pfarrer Patrick Gebel durch das beindruckende Trompetenspiel von Major Patrick Kautzmann umrahmt. Für die Gäste war dies wohl der bewegendste Moment der Gedenkveranstaltung, die zusätzlich durch das Stadtorchester von Niederbronn-les-Bains unter Leitung von Alain Freyermuth und durch Corinna Fuhrmann künstlerisch aufgewertet wurde. Die Sängerin Corinna Fuhrmann beeindruckte die Zuhörer mit ihren einfühlsamen Interpretationen von „Sag mir wo die Blumen sind“ und „Lili Marleen“.
Im Anschluss an die Gedenkfeier folgte ein weiterer geschichtsträchtiger Moment für die JBS Niederbronn – nämlich der erste Spatenstich zur geplanten Erweiterung um neue Räume für die internationale Jugend- und Bildungsarbeit des Volksbundes. Bürgermeisterin Anne Guillier, die schon seit Jahrzehnten freundschaftlich mit der Begegnungsstätte verbunden ist, freute sich sehr über die positive Entwicklung. Der JBS und ihrem engagiertem Team wünschte sie weiterhin gutes Gelingen und viele spannende Projekte.
Im Besucherraum des Friedhofes lud abschließend die Sonderausstellung „Die Niederbronner und ihr Militärfriedhof“ die Besucher zum Verweilen und zu vielfältigen Gesprächen ein. Die Freiwilligen der JBS hatten dazu schon im Vorfeld viele Niederbronner Bürger befragt, um persönliche Geschichten aus der Gründerzeit der Kriegsgräberstätte zu sammeln und zu erkunden, wie sich dieser Gedenk- und Erinnerungsort im Laufe der Jahrzehnte mehr und mehr in das gesellschaftliche Leben der Stadt eingefügt hat.
Pünktlich zum Empfang, als sich die Gäste also bereits in den einladenden Räumen der Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte befanden, prasselte dann doch noch der strömende Regen über die hügelige Landschaft der Nordvogesen.
Ilona Peuten