Jeder Handschlag zählt
9. Förderer-Workcamp in Monte Cassino
Die Arbeit endet nie. Diese Binse gilt leider auch für deutsche Kriegsgräberstätten im Ausland – und vielleicht sogar besonders für die großen Anlagen in Südeuropa. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Kriegsgräberstätte Monte Cassino in der italienischen Provinz Frosinone, Region Latium. Dort verlangt die Anlage schon aufgrund der zahlreichen Besucher und der Witterungsverhältnisse eine besondere und vor allem andauernde Pflege. Dies verursacht hohe Kosten, die der Volksbund für seine weit über 800 Friedhöfe dank der großzügigen Spenden seiner Förderer trägt. Nur leider ist immer viel zu viel Arbeit aber nur wenig Geld vorhanden. Hier hilft das ehrenamtliche Engagement des Förderer-Workcamps enorm. Die freiwilligen und fleißigen Helfer in den Goldenen Jahren sind für den Volksbund ein echter Schatz.
Jochen Droste ist gewissermaßen der Hüter und Pfleger dieses menschlichen Schatzes. Er betreut die ehrenamtlichen Volksbund-Freunde, die sich nicht nur mit einfachen Spenden zufrieden geben. Sie wollen selbst mit anpacken, ihren persönlichen Beitrag leisten. Dazu gibt es in Monte Cassino reichlich Gelegenheit. Der etwa 500 Meter hohe Felsen mit dem gleichnamigen Kloster war im Zweiten Weltkrieg Schauplatz einer der blutigsten Schlachten. Heute findet sich unweit des inzwischen wieder hergerichteten Klosterkomplexes eine der schönsten deutschen Kriegsgräberstätten. So sehen es die zahlreichen Besucher des terrassenförmig angelegten Friedhofes. Wenn Jochen Droste denselben Ort überblickt, erkennt er daneben auch noch jede Menge Arbeit, die noch zu tun wäre: Die Berieselungsanlage ist inzwischen in die Jahre oder Jahrzehnte gekommen, im Besucherraum blättern Farbe und Putz, die Wege sind übersät mit kleinen Schlaglöchern und selbst die Inschriften auf vielen der Kreuze sind kaum mehr zu lesen. „Hier muss was getan werden“, sagt der 65-Jährige und erhält dabei Unterstützung von insgesamt 37 Teilnehmern.
Schon geht es los: Einige der ehrenamtlichen Mitarbeiter, die in früheren Berufen große technische oder handwerkliche Erfahrung gesammelt haben, kümmern sich um den Austausch der Berieselungsanlage. Dies hört sich allerdings leichter an, als es tatsächlich ist. Schließlich hatten Wurzelwerk und auch der Boden über die vergangenen Jahrzehnte ausgiebig Zeit, sich eng um die alten Getrieberegner zu legen. Doch mit Spitzhacke, der großen Gartenschere und viel Spucke wird auch dieses Problem gelöst. Insgesamt werden 321 dieser Beregnerköpfe ausgetauscht, die mit der Zeit durch Verkalkung oder Materialermüdung ihre Dienste nur noch schlecht und damit auch noch unwirtschaftlich oder gar nicht mehr leisten. Dies ist der Abschluss eines Gesamtrenovierungskonzeptes, bei dem zuvor bereits die gesamte Infrastruktur der Wasserversorgung wirtschaftlich nachhaltig erneuert wurde.
Inzwischen geht es auch im Besucherraum und auf den stark beanspruchten Wegen wieder baulich vorwärts. Zudem werden zahlreiche Kreuze mit dem Hochdruckreiniger von den Zeichen der Zeit gereinigt und die Namen auf etwa 500 Grabsteinen wieder leserlich nachgezeichnet. Dabei testen die Förderer abschließend an den eingelassenen Inschriften ein neues Imprägnierverfahren, welches die Schriften besser und vor allem länger lesbar hält.
Dabei gestaltet sich das stundenlange und zudem leicht eintönige Arbeiten an den Grabinschriften aufgrund der teils steilen Hanglagen auf der Kriegsgräberstätte ebenfalls als schwierig – und wird dennoch anstandslos und gänzlich ohne Murren akkurat erledigt. „Es macht sich halt bemerkbar, dass die Leute hier aus eigenem Antrieb arbeiten. Die sehen dann schon selbst, wo sie am besten mit anpacken können“, sagt der begeisterte Workcamp-Leiter Droste, der diese Form des ehrenamtlichen Engagements von Anfang an begleitet und maßgeblich unterstützt hat.
Was zudem auffällt, ist die große Sorgfalt und Sparsamkeit, welche der Arbeit und den zugehörigen Materialien sowie Werkzeugen entgegen gebracht werden. So erfahren beispielsweise die handelsüblichen Lackstifte, mit denen man Grabinschriften nachzeichnen kann, eine Spezialbehandlung. Dies zeigt das „provisorische Materiallager“, welches eine ehemalige Lehrerin ganz einfach als Ablage mit drei Zetteln „neu“, leer“ und „halbvoll mit neuen Spitzen“ einführt. Schließlich sind die Grabsteinoberflächen teils sehr rau und zerstören frühzeitig die Stiftspitzen, während die Stifte selbst noch Farbe enthalten. So aber werden die Spitzen ersetzt und damit der Verbrauch des teuren Materials sehr effektiv begrenzt.
Übrigens ist jene Dame nicht die einzige Teilnehmerin, sondern findet Begleitung durch insgesamt sechs Frauen, von denen überraschenderweise gleich vier den schönen Vornamen Gisela tragen. Die Männer sind mit 31 Personen dennoch fünffach in der Überzahl. Droste: „Das ist einfach so, dass sich mehr Männer als Frauen beworben haben. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass weniger Frauen als Maurermeisterin oder Dachdeckerinnen arbeiten ...“
Der älteste beziehungsweise erfahrenste Teilnehmer in Cassino ist übrigens Georg Hallmann mit 74 Jahren, der jüngste Helmut Dworacek mit 54 Jahren. Berufsgruppen sind weit gefächert vertreten vom Landschaftspfleger über Lehrer, Ingenieure oder auch Handwerksmeister. „Gebrauchen kann man jeden. Und jeder ist wichtig, denn buchstäblich jeder Handschlag hilft!“, sagt der ehemalige Berufssoldat und heutige Reservisten-Beauftragte des Volksbundes, Jochen Droste.
Ohnehin musste der Förderer-Workcamp-Leiter einige der insgesamt 60 Anmeldungen aus organisatorischen Gründen und auch aus Platzmangel schon im Vorfeld des Arbeitseinsatzes leider zurückweisen. Die Kosten für die Unterkunft in Cassino im Hotel übernehmen die ausgewählten Teilnehmer dann wie gewohnt größtenteils selbst. Sie helfen also nicht nur dem Volksbund, sie zahlen auch noch dafür! Und am Ende gibt es zusätzlich sogar noch Spenden und auch neue Mitgliedschaften beim Volksbund.
Das 10. und damit Jubiläums-Förderer-Workcamp findet im Frühjahr 2014 statt. Wo genau steht aber noch nicht fest. Eventuell wird aber eine Anlage aus dem Ersten Weltkrieg in Osteuropa das Ziel der freiwilligen Helfer sein. Anmelden können sich Interessenten schon heute. Wenden Sie sich bitte persönlich an den Workcamp-Leiter unter E-Mail jochen.droste@volksbund.de oder zentral an info@volksbund.de
Nach den insgesamt 17 Tagen vom 20 April bis 6. Mai unweit des Monte Cassino nimmt das Ende des Workcamps mit einer Gedenkstunde samt Kranzniederlegung und anschließender Ehrung der Teilnehmer ein gutes und erinnerungswürdiges Ende für alle. Und damit endet dieser Arbeitseinsatz – bevor alles an einem anderem Ort dann wieder von vorne beginnt: denn die Arbeit der Kriegsgräberfürsorge endet ja bekanntlich nie!
Jochen Droste und Maurice Bonkat