Das Volksbund-Blau und die Materialien Korkeiche und Travertin – ein heller Stein aus der Region – sind wesentliche Gestaltungsmerkmale der neuen Ausstellung auf der Kriegsgräberstätte Cassino. (© Uwe Zucchi)
Lebendig erzählte Geschichte rund um den Monte Cassino
Neue Dauerausstellung des Volksbundes auf Kriegsgräberstätte – multiperspektivisch und nachhaltig
Der Volksbund hat eine neue Dauerausstellung auf der Kriegsgräberstätte Cassino südlich von Rom eröffnet. Dabei geht es um den besonderen Standort unterhalb der 1944 zerstörten Abtei Montecassino sowie die Geschichte des Volksbundes und seine vielfältige Jugend- und Bildungsarbeit. Die Ausstellung ist dreisprachig, multiperspektivisch und nachhaltig angelegt.
Wer sie besucht, blickt auf sechs Porträts junger Männer, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Es sind zwei deutsche Soldaten, ein polnischer Unteroffizier, ein U.S-amerikanischer Infanterist, der junge Mario Folio aus dem Nachbarort sowie Hermann Arndt.
Arndts Biographie ist sicher eine der spannendsten Geschichten: Der in Frankfurt/Oder geborene Jude flieht 1937 vor den Nationalsozialisten nach Tel Aviv, nimmt den Namen Zvi Aharoni an und schließt sich der britischen Armee als Übersetzer an. 1944 kämpft er in der Schlacht um den Monte Cassino.
Später geht er zum israelischen Geheimdienst und hilft, den in Argentinien untergetauchten SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann zu stellen und nach Israel zu bringen, wo dieser zum Tode verurteilt wird. An einer interaktiven Medienstation sind Lebensläufe wie der von Zvi Aharoni vertieft und mit Original-Dokumenten versehen.
Vielvölkerschlacht mit hohen Opferzahlen
Diese Biographien machen neben vielen anderen Dokumenten die dreisprachige, multimediale und multiperspektivische Ausstellung im kleinen Besucherzentrum der Kriegsgräberstätte Cassino besonders anschaulich.
Mehr als 20.000 deutsche Soldaten haben auf dem Bergfriedhof im malerischen Liri-Tal ihre letzte Ruhe gefunden. Ein zehnminütiger Film führt in die Geschichte des Zweiten Weltkrieges ein, wahlweise in italienischer, englischer und deutscher Sprache. In der Dokumentation geht es vertieft um die Kämpfe in Italien – von der Landung der Alliierten auf Sizilien über die deutsche Besetzung Roms bis zu den Cassino-Schlachten von Januar bis Mai 1944.
Rund 185.000 Soldaten beteiligt
An den Gefechten um die Stadt und den Berg waren rund 105.000 alliierte Soldaten beteiligt: US-amerikanische, britische, französische, polnische, indische, neuseeländische, algerische und marokkanische, um die wichtigsten Nationen zu nennen.
Auf deutscher Seite kämpften rund 80.000 Soldaten. Mehr als 20.000 von ihnen starben. Rund 77.000 Tote waren es am Ende insgesamt.
Nachhaltig und mit lokaler Unterstützung
Der Berliner Agentur „molitor“, die gemeinsam mit Volksbund-Ausstellungschef Danny Chahbouni und dem Team der Öffentlichkeitsarbeit das Konzept erarbeitet und umgesetzt hatte, war Nachhaltigkeit wichtig. So sind die Materialien – Travertin als Stein und italienische Korkeiche – aus der Region. Auch die Handwerker sind in und um Cassino beheimatet.
Der Ausstellungsname „Deutsche Kriegsgräberstätte Cassino – Ort des Mahnens und Gedenkens“ (italienisch: „Sacrario militare germanico di Cassino – Luogo di memoria e commemorazione“) zeigt, dass es auch um den besonderen Ort und seine Bau-Geschichte geht.
Einzelgräber statt Totenburg
Volksbund-Architekt Robert Tischler hatte ursprünglich eine Totenburg unterhalb des zerstörten Kosters Montecassino anlegen wollen. Gegen die unmittelbare Nachbarschaft eines deutschen Soldatenfriedhofes an dieser Stelle hatte der Vatikan Einspruch erhoben. Schließlich wurde der Friedhof nach langen Debatten umkonzipiert und auf dem heutigen Gelände am Hang des Colle Marino am 4. Mai 1965 eröffnet.
Auch künstlerische Arbeiten wurden schon von Beginn an in die Gesamtkonzeption der Anlage einbezogen. So finden sich im oberen Bereich der offenen Gedenkhalle die Skulptur „Trauer und Trost“ der Bildhauerin Suse Müller-Diefenbach, die „Fensteröffnung mit Eisengitter und Kreuz aus gegossenem Kristallglas“ sowie die fragile Skulptur „Flamme des Friedens“.
Büste Julius Schlegels
In der Ausstellung erinnert eine Büste an Oberstleutnant Julius Schlegel, der zahlreiche Kunstschätze des Klosters Montecassino vor der Zerstörung durch alliierte Flugzeuge gerettet und nach Rom transportiert hatte. Heute sind diese wieder im benachbarten Kloster untergebracht.
Ergänzt ist die Ausstellung um eine ausführliche Darstellung der mehr als 100-jährigen Geschichte des Volksbundes sowie einen Einblick in seine Friedens- und Bildungsarbeit. So ist etwa zu lesen, dass schon 1953 erste internationale Jugendbegegnungen im Ausland stattfanden.
Workcamps auch in Cassino
Auch 70 Jahre später werden weiter Workcamps auch für diese Kriegsgräberstätte geplant. Anfang August 2022 heißt es für zwei Wochen „Spurensuche am Monte Cassino”. Das Workcamp ist ausgebucht. Die neue Ausstellung des Volksbundes wird helfen, den Jugendlichen die wechselvolle Geschichte des Zweiten Weltkrieges und unsere daraus resultierende Arbeit für den Frieden näherzubringen.
Eröffnung am 78. Jahrestag
Auf den Tag genau 78 Jahre nach dem Ende der Schlacht eröffnete der Volksbund die Ausstellung auf der Kriegsgräberstätte Cassino feierlich. Anschließend erinnerte er gemeinsam mit internationalen Gästen an die Kriegstoten aller beteiligten Nationen. Am Vortag hatte eine Volksbund-Delegation die fünf anderen Soldatenfriedhöfe der Region um Cassino besucht, um auch dort Kränze niederzulegen. Berichte zum 17. und 18. Mai 2022 finden Sie hier:
Internationales Gedenken zur Ausstellungs-Eröffnung in Cassino
Volksbund-Botschaft in Cassino: „Dieses Europa steht zusammen“