Was zwischen Hunderten von Kreuzen auf der Kriegsgräberstätte in Bergheim wächst, wird regelmäßig mit kleinerem und großem Gerät gemäht. (© Uwe Zucchi)
Mit Freischneider und Stehmäher: Pflegesaison beginnt
In Frankreich hat der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge ein Referat Pflege der Kriegsgräberstätten mit fünf Bezirken eingerichtet – Beispiel Bergheim
Die Aufgabe ist groß und das Team ist gerüstet: Mehr als 50 Kriegsgräberstätten und etliche Denkmäler des Krieges 1870/71 gehören zum Pflegebezirk IV in Frankreich. Fünf solcher Bezirke hat der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. dort eingerichtet. Ende März/Anfang April beginnt die Saison und damit die erste Runde von Friedhof zu Friedhof.
Bergheim macht den Anfang, denn die Kriegsgräberstätte im Elsass ist Standort der Pflegebezirksleitung. Manon Ehrhart steht an der Spitze eines elfköpfigen Teams. Die junge Frau ist Ingenieurin für Landschaftsplanung und seit Juli 2018 beim Volksbund. Sie ist auch als Umbetterin ausgebildet und koordiniert Exhumierungen in Frankreich, bei denen der Volksbund mit der Partnerorganisation ONACVG zusammenarbeitet.
Acht bis zehn Friedhöfe
Doch das ist die Ausnahme, die Regel ist Pflege und die sieht so aus: „Jedes ‚reisende‘ Team kümmert sich um acht bis zehn Friedhöfe und manchmal um mehrere Denkmäler von 1870“, erklärt Manon Ehrhart. Für Bergheim zum Beispiel bedeutet das zwei bis drei Tage Arbeit für drei Leute pro Mäheinsatz – je nach Jahreszeit.
In Kürze also werden ein großer Mäher und die Freischneider aus der Garage geholt. In den Wintermonaten hat das Team sie gewartet und instandgesetzt. Die Reihen zwischen den steinernen Grabkreuzen sind gerade breit genug für die Aufsitzmäher. Manchmal kommt auch hier ein Stehmäher zum Einsatz.
Jedes einzelne Kreuz …
In Bergheim sind steinerne Kreuze die Herausforderung. Jedes Kreuz trägt drei Namen. Mehr als 5.300 Tote sind hier begraben. Die meisten von ihnen starben als Soldaten im Zweiten Weltkrieg in der Region. Der jüngste war gerade mal 16 Jahre alt. Außerdem haben wenige Zivilisten hier ihre letzte Ruhestätte gefunden. Ein sechsjähriges Mädchen gehört dazu. Jedes einzelne Kreuz muss mit Freischneidern von zu hohem Bewuchs befreit werden.
Auf den freien Flächen lässt das Team die Pflanzen an manchen Stellen wachsen, denn in Bergheim gehören Seltenheiten wie Orchideen und andere bedrohte Spezies dazu. Sie alle lieben den Trockenrasen auf Kalkstein, den dieser Hügel im Vorland der Vogesen bietet. Der Grasberg gehört zur „Natura 2000“, einem europäischen Schutzgebietssystem, und der Volksbund schützt und fördert Artenvielfalt hier wie auch auf vielen anderen Kriegsgräberstätten.
Bäume, Hecken, Stauden
Was gehört sonst noch zu einem Pflegeeinsatz? „Saisonale Aufgabe ist es, die Kreuze mit Entmoosungsmittel zu behandeln und mit klarem Wasser zu reinigen und die Hecken und Stauden zu schneiden“, so Manon Ehrhart. „Außerdem pflegen wir angrenzende Flächen – in Bergheim sind das ein Waldstück und Trockenrasen”. In Herbst und Winter muss das Laub verschwinden, werden die Bäume gepflegt.
„Angesichts des Klimawandels versuchen wir, neue Sorten von Stauden und Bäumen zu pflanzen, um den Erhalt der Artenvielfalt auf unseren Friedhöfen zu gewährleisten. Wir halten die Gebäude, Tore, Bänke und die Pflasterung der Wege instand. Wenn es nötig ist, reparieren oder ersetzen wir auch Kreuze", zählt die Pflegebereichsleiterin die gelegentlichen Aufgaben auf.
Freiwillige anleiten
Auch das gehört für die junge Frau dazu: Wenn Gruppen kommen, um den Volksbund ehrenamtlich zu unterstützen, bereitet sie die Einsätze vor und koordiniert sie mit den Freiwilligen. Bundeswehr, Reservistinnen und Reservisten sowie Schülergruppen sind immer wieder zu Gast.
Eine Gruppe Rentner aus dem Saarland gehört seit über 30 Jahren dazu, während junge Erwachsene aus dem Berufsbildungswerk „Adolf Aich“ in Ravensburg 2023 zum ersten Mal da waren. Und wann immer auf einem der Friedhöfe im Bezirk IV eine Gedenkveranstaltung ansteht, ist Manon Ehrhart mit ihrem Team ebenfalls gefragt.
UNESCO-Weltkulturerbe
Vier Kriegsgräberstätten im Bezirk IV hat die UNESCO im September 2023 zum Weltkulturerbe erklärt: Sainte-Marie-aux-Mines, Hohrod-Bärenstall, Lagarde und Morhange (mehr dazu). Noch steht nicht fest, was das für die Pflegeteams und für Manon Ehrhart bedeutet, aber die Zahl der Besucher und Touristen werde sicherlich stark ansteigen, vermutet sie.
Nebenstellen unterhält der Volksbund in Niederbronn, Cernay und Dagneux, denn die Fahrten sind weit. Die Depots sind ideal gelegen, sodass die Teams maximal anderthalb Stunden unterwegs sind, um die Friedhöfe von dort aus zu erreichen. Von Bergheim aus ist Manon Ehrhart im gesamten Bezirk unterwegs.
Das bedeutet bis zu drei Stunden Fahrt im Elsass oder an die Mosel. Bis nach Dagneux sind es mehr als vier Stunden. Dort liegt der größte Friedhof in Südostfrankreich mit 19.920 Toten aus dem Zweiten Weltkrieg. Ein ständiger Mitarbeiter kümmert sich um die Pflege, empfängt als Friedhofsverwalter Besucherinnen und Besucher und hilft bei der Organisation der Gedenkstunde am Volkstrauertag.
Einmal im Jahr nach Korsika
Die weiteste Reise allerdings unternimmt Manon Ehrhart, wenn sie – einmal im Jahr – die vierte Nebenstelle besucht: in Bastia auf Korsika, wo ebenfalls ein ständiger Mitarbeiter eine deutsche Kriegsgräberstätte pflegt. Knapp 840 Tote des Zweiten Weltkrieges sind dort begraben.
Einen Bericht vom Pflegeeinsatz der Gruppe aus Ravensburg im Mai 2023 finden Sie hier: Mit Eimer, Bürste, Kopfhörer und im eigenen Tempo. Und im aktuellen Jahresbericht finden Sie diesen Artikel (ab S. 30): „Ein Tag in Bergheim”
Der Volksbund ist ...
... ein gemeinnütziger Verein, der im Auftrag der Bundesregierung im Ausland Kriegstote sucht und birgt, sie würdig bestattet und ihre Gräber pflegt. Daraus leitet er einen Bildungsauftrag ab. Weil er seine Arbeit überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert, ist er dringend auf Unterstützung angewiesen. Danke, dass Sie uns helfen!