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Nicht bestattete Kriegsopfer aus Böhmen

Stellungnahme: Volksbund-Präsident Reinhard Führer

Seit Tagen stehen die Telefone der Bundesgeschäftsstelle des Volksbundes nicht mehr still. Verunsicherte Menschen wenden sich an die Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Grund: Der oberflächliche Artikel einer tschechischen Zeitung über den angeblich überraschenden Fund der Gebeine von 4 000 deutschen Kriegstoten in einer ehemaligen Fabrikhalle in Aussig (Usti). 

Die in dem Boulevard-Blatt veröffentlichten oberflächlichen Anschuldigungen erschienen wenig später auch in deutschen Presseorganen. Vor allem die BILD-Zeitung bewirkte dabei bei den Angehörigen der deutschen Kriegstoten in der Tschechischen Republik große Verunsicherung. „Eine Schande für Deutschland“, zitiert BILD einen ehemaligen tschechischen Diplomaten. Dieser Darstellung begegnet der Volksbund-Präsident mit einer klaren Informationspolitik: „Eines steht fest – die Kriegstoten von Prag werden eine würdige Ruhestätte bekommen“, versichert Reinhard Führer. Lesen Sie mehr über die tatsächlichen Hintergründe:

„Wir sind dankbar, dass die Medien das Thema aufgegriffen haben. Denn die Geschichte dieser Toten ist in der Tat eine traurige Angelegenheit. Die heute in Aussig befindlichen Kriegstoten sollten ursprünglich auf einer Anlage in Prag bestattet werden. Das vom Volksbund ausgewählte Gelände, der Deutsche Evangelische Friedhof, war geeignet, jedoch wegen der Auflagen des tschechischen Denkmalschutzes und weiterer finanzieller Hürden nicht bezahlbar. Die Bundesregierung wurde für dieses Projekt um Hilfe gebeten, konnte aber keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung stellen. Der Friedhof in Prag konnte deshalb nicht gebaut werden. 

Wir hatten in diesem Fall keine andere Wahl, denn wir sind verpflichtet, mit den Mitgliedsbeiträgen und Spenden verantwortungsvoll umzugehen. Über 2,5 Millionen Euro allein für diese Anlage auszugeben hätte bedeutet, viele andere wichtige Bauprojekte – insbesondere in Russland – stoppen zu müssen. Derzeit laufen die Bemühungen auf Hochtouren, ein anderes geeignetes Gelände in der Tschechischen Republik zu finden. So planen wir, entweder einen neuen Sammelfriedhof zu bauen – oder einen bereits bestehenden Friedhof zu erweitern. Die Gebeine der Kriegstoten befinden sich deshalb immer noch in dem erwähnten Aufbewahrungsort. 

BILD hat Recht: 61 Jahre nach dem Kriegsende gibt es für diese Toten immer noch keinen Ort der letzten Ruhe. Das ist mehr als traurig. Und es gibt noch anderes, was uns zutiefst betrübt – zum Beispiel, dass heute in manchen Ländern Kriegsgräber geöffnet, ausgeplündert und verwüstet werden. Zudem werden die Fundstücke weltweit über das Internet gehandelt. Trotz großer Anstrengungen des Volksbundes ist es offenbar nicht möglich, dies auf Dauer zu unterbinden. Unsere Mitarbeiter, Freunde und Förderer bestreiten hier einen einsamen Kampf. Dabei stehen für uns seit über 85 Jahren die Würde der Kriegstoten und der verantwortungsvolle Umgang mit den Angehörigen im Vordergrund. Ich hoffe, dass die breite Berichterstattung in den Medien jetzt auch viele Menschen bewegen wird, für die Kriegsgräberfürsorge zu spenden, die bisher gleichgültig waren oder glaubten, die Arbeit wäre hinreichend finanziert. Ich hoffe, dass unsere Mitglieder und Spender uns treu bleiben und die Bundesregierung den Volksbund trotz der schwierigen Lage des Bundeshaushaltes künftig besser finanziell unterstützen kann. 

Es geht nicht anders! Auch an einigen anderen Orten wie etwa in der Russischen Föderation befinden sich noch Kriegstote in solchen Aufbewahrungsstätten. Es wird immer wieder notwendig. Eine solche Unterbringung der Gebeine ist würdiger als ihre Freigabe zur Plünderung. 

In diesem Sommer werden die Mitarbeiter des Volksbundes irgendwo in Osteuropa den 500 000. Kriegstoten seit Beginn der Arbeit dort bergen. Sie werden ihm auf einem unserer Sammelfriedhöfe seine letzte Ruhe geben. Mit ein wenig Glück finden sie bei ihm seine Erkennungsmarke, können ihn identifizieren und – nach sorgfältiger Prüfung – seine Angehörigen informieren. Die Suche nach den Kriegstoten ist auch nach über 60 Jahren nicht hoffnungslos! Ich danke Ihnen ganz herzlich, dass Sie dem Volksbund helfen, diese Aufgabe zu erfüllen. Ich danke Ihnen auch für Ihr Verständnis, dass nicht alles so schnell geht, wie es wünschenswert wäre. Bitte informieren Sie Ihre Mitmenschen, falls das Gespräch auf diese Angelegenheit kommt, über die schwierige Lage. Bitte werben Sie um Verständnis, bleiben Sie uns verbunden und helfen Sie weiter mit. Im Laufe des Jahres werden wir noch detaillierter über die europaweite Arbeit unseres Umbettungsdienstes berichten.“