"So privat, so lebensnah, so echt wie möglich"
Freiwilligen-Projekt: Ausstellung "Onder het Uniform" auf der Kriegsgräberstätte Lommel
Mittwochs bis sonntags stehen sie Rede und Antwort: Sophie Heinig und Jesper von Borstel zeigen mittags um 13 Uhr "ihre" Ausstellung auf der deutschen Kriegsgräberstätte Lommel in Belgien, die der Volksbund pflegt. Der Beginn war vielversprechend: Seit der Eröffnung am 1. Juli 2020 waren schon mehrere hundert Besucherinnen und Besucher da.
Sie ist 18, er 19 Jahre alt. Beide leisten einen Freiwilligendienst in der Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte des Volksbundes, die direkt neben der Kriegsgräberstätte Lommel liegt. Die meisten, die den beiden zuhören, sind Radfahrer oder Wanderer, viele sind als Touristen in der Gegend. Das Publikum ist international und sehr interessiert.
"Onder het Uniform" (deutsch: "Unter der Uniform") ist der Titel der Ausstellung unter freiem Himmel. Jeweils drei große Tafeln bilden ein Dreieck. Vier von ihnen sind auf einer Grünfläche aufgestellt. Sie bringen den Besuchern vor allem die Biographien von Soldaten des Zweiten Weltkrieges nahe. Damit lenkt die Ausstellung den Blick weg von der ungeheuren Zahl der hier Begrabenen - mehr als 39.000 - hin auf den Einzelnen. Sie lenkt den Blick auf den, der unter der Uniform zu sehen ist.
Zwei waren erst 18
Fotos, Briefe im Original und Erinnerungen noch lebender Familienangehöriger machen es möglich, die Lebensgeschichten dreier Männer nachzuzeichnen: Reinhold Herold, Erich Schlottmann und Georg Blasczyk. Sophie und Jesper haben sie anhand von besonders beeindruckenden Dokumenten ausgewählt. Material - insgesamt rund 600 Akten - liegt im hauseigenen Archiv. Reinhold und Georg waren erst 18 Jahre alt, als sie im Dezember 1944 an der Westfront starben. Erich Schlottmann wurde 36 Jahre alt und starb drei Monate früher.
"Wir wollten sie so wenig wie möglich als Soldaten vorstellen", erklärt Sophie in einem Podcast zur Eröffnung. Nicht die uniforme Masse sei für sie das richtige Bild, sondern der Blick auf den Einzelnen - "alle hatten ihre eigene Geschichte". "So privat, so lebensnah, so echt wie möglich" wollten sie die drei zeigen, ergänzt Jesper. "Dadurch wird noch einmal plastischer, wie unglaublich grauenhaft der Zweite Weltkrieg gewesen ist."
Freiwillige aus vielen Ländern
Sophie und Jesper leisten - wie schon viele vor ihnen aus verschiedenen Ländern - einen Freiwilligendienst in der Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte "Huis over Grenzen" in Lommel. Grundlage ist ein europäisches Förderprogramm (Europäisches Solidaritätskorps ESC), Entsendeorganisation ist IJGD (Internationale Jugendgemeinschaftsdienste) - Gesellschaft für internationale und politische Bildung. Sie ist eine der größten und ältesten Workcamp-Organisationen der Bundesrepublik und vermittelt Freiwillige in über 70 Länder.
Projektarbeit ist Teil des Programms für die Freiwilligen. Weil Sophie und Jesper gern im Archiv arbeiten, bot sich dieses Format an. Und sie ergänzen Texte und Bilder mit Klang - Geräuschen und eigener Musik. "Es ist eine lebendige Art, mit den Kriegsgräbern umzugehen", sagt Jesper. "Sie schafft einen emotionalen Zugang." Sein Wunsch ist es, mit dieser Ausstellung etwas zu bewegen und den Besuchenden bewusst zu machen, wie wichtig ein friedlicher Umgang auf allen Ebenen ist.
Bis 20. September zu sehen
Gut drei Monate dauerten die Vorbereitungen. Die Ausstellung läuft bis zum 20. September 2020 und ist täglich bis 18 Uhr zu sehen - werktags ab 9 Uhr, samstags und sonntags ab 10 Uhr. Der Eintritt ist frei. An die Erklärungen zu "Onder het Uniform" schließt sich mittwochs bis sonntags um 14 Uhr eine Führung der beiden Freiwilligen über die Kriegsgräberstätte an. Mehr Informationen in Wort, Ton und Bild gibt es unter educationacrossborders.com. Die offizielle Einladung finden Sie hier.