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Suchdienstleiter-Tagung: Zusammenarbeit wird noch intensiver

Volksbund setzt mit neuer Strategie verstärkt auf Bundesarchiv und DRK-Suchdienst als Partner

Am Holocaust-Gedenktag – am 27. Januar – stand einer der vier Suchdienste in Deutschland im Mittelpunkt: „Arolsen Archives“ mit den Dokumenten zu den Opfern des Nationalsozialismus. Zum jährlichen Treffen der Suchdienstleiter hatte das Bundesarchiv in Berlin-Tegel wenige Tage zuvor auch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und das Deutsche Rote Kreuz (DRK) eingeladen. Der Volksbund intensiviert gerade die ohnehin sehr enge Zusammenarbeit mit Bundesarchiv und DRK.
 

Grund ist die veränderte Volksbund-Strategie für Osteuropa, mit der der Umbettungsdienst neuerdings arbeitet. Arne Schrader, Leiter der Abteilung Kriegsgräberdienst, erklärte sie am Rande der Tagung so: Nachdem die meisten großen Grablagen gefunden sind, bleiben jetzt noch viele kleinere in den Ländern, die jenseits des Eisernen Vorhangs lagen.
 

Regionales Prinzip

Das neue Prinzip: Der Umbettungsdienst bearbeitet nunmehr Schwerpunktregionen. Dafür sammelt das Referat Gräbernachweis im Vorfeld Informationen aus Dokumenten und Zeitzeugenberichten – in Deutschland, aber auch in den Archiven der jeweiligen Region. „Ziel ist es, dem Umbettungsdienst möglichst alle greifbaren Grablageinformationen zu dem Gebiet zur Verfügung zu stellen, bevor er die Genehmigungen für Sondierung und Ausbettung beantragt“, erklärte Schrader.

Pilotprojekt ist das ehemalige nördliche Ostpreußen. Hierzu wurden im vergangenen Jahr alle verfügbaren Dokumente ausgewertet. Aufgrund des Krieges waren die Sucharbeiten jedoch nicht im beabsichtigten Rahmen möglich. Dennoch konnte der Volksbund mehrere hundert Tote in dem Gebiet bergen. Weitere aktuelle Schwerpunkte liegen in der Slowakei und zukünftig in Serbien – östlich der Donau, in der Vojvodina.
 

Grablagemeldungen für Serbien

Bei diesen Recherchen im Vorfeld spielen das Bundesarchiv und der Suchdienst des DRK eine wichtige Rolle. In der kommenden Woche etwa geht es bei einem Arbeitstreffen von Gräbernachweis und Bundesarchiv in Berlin auch um Grablagemeldungen für Serbien. Die Zusammenarbeit wird also noch intensiver. Sie zu stärken, ist Ziel des Treffens der vier Suchdienste jeweils am Jahresanfang. Der Volksbund wird 2024 Gastgeber sein.

Arne Schrader zog für das vergangene Jahr Bilanz: Mehr als 12.000 Tote hat der Volksbund exhumiert und mehr als 18.000 Umbettungsprotokolle aus den Vorjahren bearbeitet. Die Gräbersuche online verzeichnet inzwischen mehr als 4,8 Millionen Einträge zu Vermissten und Kriegstoten.
 

2023: Millionsten Toten im Osten bergen

Die Zahl der individuellen Anfragen beim Volksbund stieg auch 2022 weiter – auf mehr als 23.000. Zur Arbeit in der Ukraine sagte Schrader, dass die Partnerfirmen weiter ausbetten, wo immer es möglich ist. Rund 50 Familien seien davon abhängig.

In diesem Jahr wird es eine besondere Exhumierung in Osteuropa geben – in einem der Länder, in denen der Volksbund erst seit 1992 – seit dem Fall des Eisernen Vorhangs – arbeiten kann: Der einmillionste Tote wird vermutlich im Herbst geborgen.
 

Kriegsgefangenenprojekt

Auch das Kriegsgefangenenprojekt war Thema, das Dr. Heike Winkel vom Volksbund im Auftrag der Bundesregierung koordiniert. Sie sprach über die Aussetzung der Arbeiten in der Russischen Föderation nach dem 24. Februar 2022 und die Umstrukturierung des Projekts. Es werden nun neben den laufenden Recherchen in deutschen Archiven zu sowjetischen Gefangenen Arbeiten in weiteren Ländern geplant – vor allem in Nachfolgestaaten der Sowjetunion.

Das Projekt konnte 2022 einige Hilfsmaßnahmen zur Rettung ukrainischer Archive in Charkiw und Kropywnyzkyj umsetzen und möchte dieses Engagement fortsetzen. Die Ergebnisse werden genutzt, um Schicksale zu klären und die Öffentlichkeit über das Thema Kriegsgefangenschaft im und nach dem Zweiten Weltkrieg zu informieren. Die Zuständigkeit für die Schicksalsklärung deutscher Kriegsgefangener dieser Zeit bleibt beim DRK-Suchdienst.
 

Vermisst: im Krieg und auf der Flucht

Der Krieg in der Ukraine spielte auch an anderer Stelle eine Rolle – im Zusammenhang mit Krisen- und Konfliktgebieten weltweit: Wie der Suchdienst des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) Anfragen von Zivilisten nach Vermissten bearbeitet, schilderte Dorota Dziwoki (DRK-Suchdienst-Leitstelle Berlin). Auch sprach sie über die aktuelle Arbeit des IKRK in Russland und der Ukraine. Die konkreten Hilfsmaßnahmen der einzelnen Organisationen zur Linderung des Leids im Kriegsgebiet waren bemerkenswerte Bestandteile der jeweiligen Jahresberichte.

Johanna Treß, Leiterin des DRK-Suchdienst-Standorts München, sprach unter anderem über Schicksalsklärung zum Zweiten Weltkrieg. Ihre Kollegin stellte die Kampagne „#No Trace Of You“ zu vermissten Geflüchteten vor.
 

Führung im Bundesarchiv

Anette Meiburg, die beim Bundesarchiv in Berlin die Abteilung „Personenbezogene Auskünfte zum Ersten und Zweiten Weltkrieg“ leitet, berichtete vom Umzug des Archivs innerhalb Berlins. Außerdem gab sie den Gästen Gelegenheit, das Bundesarchiv bei einer Führung kennenzulernen. Ihr galt der Dank des Volksbundes für schnelle Antwort in eiligen Fällen – ein konkretes Beispiel für die sehr gute Zusammenarbeit.

Das Auswärtige Amt, das Bundesinnenministerium, das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie die Bundesbehörde der Beauftragten für Kultur und Medien waren ebenfalls bei der Tagung vertreten.
 

Das Quartett der Suchdienste

Die Arbeitsfelder der vier Suchdienste sind in einem Infoblatt beschrieben. Zu ihnen gehören außer dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge:

Bundesarchiv – Abteilung Personenbezogene Auskünfte zum Ersten und Zweiten Weltkrieg

Arolsen Archives

DRK-Suchdienst
 

Die Gräbersuche online ...

... des Volksbundes zählte am 26. Januar 2023 genau 4.839.394 Datensätze zu Kriegstoten und Vermissten. Ständig wird sie erweitert. In den kommenden Jahren werden noch rund 500.000 Namen zusätzlich in die Datenbank aufgenommen. Sollte der Gesuchte noch nicht erfasst sein, gibt es die Möglichkeit, ein Suchformular auszufüllen. Dann benachrichtigt der Volksbund die Angehörigen, wenn es neue Erkenntnisse oder neu erfasste Datensätze gibt (zur Gräbersuche Online).