Rund 200 Gäste nahmen an der Gedenkveranstaltung im Moskauer Stadtteil Ljublino teil – eines von vielen internationalen Beispielen. Auf dem Friedhof für Kriegsgefangene ruhen mehr als 2.200 Tote. (© Hermann Krause)
Volkstrauertag im Ausland: von Libyen bis Polen
Beeindruckende Geste in Nordafrika steht für gute Beispiele gemeinsamen, internationalen Gedenkens
Der Opfer von Gewalt und Krieg aller Völker gedenkt der Bundespräsident alljährlich am Volkstrauertag, wenn er das Totengedenken spricht. Mit ihm und dem Volksbund tun das Vertreter der deutschen Botschaften in etlichen Ländern. Wir schauen auf Gedenkstunden von Tobruk bis Krakau und erweitern diese Sammlung Schritt für Schritt.
Moskau: „Dankbar sein für Versöhnung“
An die 200 Gäste nahmen in Moskau an einer Gedenkstunde auf dem deutschen Kriegsgefangenenfriedhof Ljublino teil, zu der traditionell die Deutschen Botschaft einlädt. Botschafter Dr. Géza Andreas von Geyer sagte: „Der Volkstrauertag ist kein einfacher Gedenktag für uns Deutsche, zumal hier in Moskau und zumal in Zeiten eines aktuellen Krieges.”
Er verurteilte den Angriffskrieg Russlands aufs Schärfste und nannte ihn einen eklatanten Bruch des Völkerrechts. Der Botschafter betonte aber auch, wie wertvoll Versöhnung sei angesichts der Gräber, vor denen man stehe. „Wir Deutsche tun gut daran, unsere Dankbarkeit für Versöhnung auszusprechen.“
Hermann Krause, Leiter des Moskauer Volksbund-Büros, verwies auf 30 Jahre Kriegsgräberabkommen zwischen Deutschland und Russland. 22 Friedhöfe seien angelegt, mehr als 450.000 Soldaten eingebettet worden. „Der Volksbund wird sich auch weiterhin für Völkerverständigung einsetzen und seine Arbeit in der Russischen Förderation trotz aller Schwierigkeiten fortsetzen“, betonte er.
Sofia Simakova, Schülerin der Deutschen Schule in Moskau, sagte: „Der Volkstrauertag ist ein großer Schritt Richtung Versöhnung der Völker und der Menschen, sowohl untereinander als auch mit der eigenen Vergangenheit. Jeder von denen, die im Krieg gefallen sind, würde wollen, dass seine Kinder und Enkelkinder in einer freundlichen Welt leben.“
Besuch aus Rom in Cassino
Gerade ein halbes Jahr war vergangen, seit hoher Besuch auf der Kriegsgräberstätte Cassino war: Anfang Mai hatte Annette Walter als Vertreterin der Botschaft die neue Ausstellung bei einer Gedenkveranstaltung mit eingeweiht. Jetzt war Andreas Krüger zu Gast. Er leitet die Kulturabteilung der deutschen Botschaft in Rom und hielt am Volkstrauertag die Gedenkrede.
Krüger und andere legten Kränze nieder. Ein italienischer Ehrenzug schuf den passenden Rahmen. Ein ökumenisches Gebet sprachen Professor Bernardino D’Onofrio von der deutsch-katholischen Kirche in Neapel und Pastorin Kirsten Thiele der deutsch-evangelisch-luterischen Kirche in Neapel. Friedhofsverwalter Eugenio Pezza hatte die Gäste begrüßt.
La Cambe
An der nordfranzösischen Küste, in La Cambe, hielt der deutsche Verteidigungsattaché in Frankreich, Brigadegeneral Gerhard Ernst-Peter Klaffus, die Rede. Marie-Annick Wieder hatte als Friedhofsverwalterin die Gäste begrüßt. Vertreter der katholischen und der orthodoxen Kirche sprachen gemeinsam ein Gebet.
La Cambe ist der größte deutsche Soldatenfriedhof in der Normandie. Er liegt nur wenige Kilometer von Omaha Beach entfernt, wo am 6. Juni 1944 US-amerikanische Truppen gelandet waren.
Deutsch-französisches Gedenken in Solers
Rund 130 Gäste waren auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Solers zusammengekommen, wo mehr als 2.200 Tote begraben sind. Oberst Neureuther hielt als Leiter der Deutschen Delegation Frankreich (Fontainebleau) eine Ansprache und legte einen Kranz im Namen der Deutschen Botschaft in Paris nieder. Weitere Kränze hatten der Volksbund-Vertreter Francios Noel, der Bürgermeister der Stadt Solers, Gilles Groslevin, die Feuerwehr sowie Traditions-, Ehemaligen- und Reservistenverbände als Zeichen des Gedenkens mitgebracht. Truppenfahnen sorgten auf der Anlage nicht weit von Paris entfernt für ein eindrucksvolles Bild. Das ist auch in einem Video der Gedenkveranstaltung zu sehen.
Tobruk: Starkes Zeichen dreier Länder
Ein starkes Zeichen setzten die deutsche, britische und französische Botschaft in Libyen 80 Jahre nach den Schlachten in der Cyreneika: Gemeinsam reisten die drei Delegationen nach Tobruk.
Die ehemaligen Feinde gedachten als Freunde der Toten und Opfer von Krieg und Gewalt und sandten damit eine Botschaft sowohl nach Europa als auch in das Land, in dem die Kriegsgräberstätten liegen: dass der Weg zur Versöhnung zwar sehr lang sein kann, aber sich unbedingt lohnt. Nach einer Dekade der Konflikte steht Libyen noch ganz am Anfang eines Versöhnungsprozesses.
Auf der deutschen Kriegsgräberstätte verlasen die Militärattchés das Totengedenken auf Deutsch, Französisch und Englisch. Auf dem französischen Friedhof legten sie zusammen Kränze nieder und auf dem Friedhof des Commonwealth verlasen sie gemeinsam Fürbitten. Dort ruhen Soldaten unter anderem aus Großbritannien, Neuseeland, Australien, Polen, Griechenland, Tschechien und der Slowakei. Gemeinsam gaben die Botschafter eine Erklärung ab.
Trio bildet Ehrenzug in Bukarest
Der deutsche Botschafter in Rumänien, Dr. Peer Gebauer, hat gemeinsam mit seiner französischen Amtskollegin, Laurence Auer, und dem Botschafter Bulgariens, Radko Vlaykov, auf dem Soldatenfriedhof Bucuresti „Pro Patria” der Kriegstoten beider Weltkriege sowie der Opfer von Terror und Gewaltherrschaft gedacht.
Das alljährliche gemeinsame Gedenken mahne angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine mehr denn je zu Versöhnung, Völkerverständigung und Frieden, hieß es.
Unter den zahlreichen Gästen waren unter anderem der Staatssekretär des rumänischen Verteidigungsministeriums, Eduard Bachide, und der rumänische Chief of Defense, General Daniel Petrescu. Ehrenzug und Musikkorps der rumänischen Streitkräfte verliehen der Gedenkstunde einen würdevollen Rahmen.
Für deutsche und polnische Soldaten
Auf dem Friedhof Rakowicki in Kraków (früher Krakau) gedachten Generalkonsul Dr. Michael Groß sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Deutschen Generalkonsulats aller Opfer von Gewalt und Krieg und legten Kränze an den Denkmälern für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen deutschen und polnischen Soldaten nieder.
Auf dem Friedhof stehen ein großes und mehrere einfache Steinkreuze. „Auf diesem Friedhof ruhen 2750 deutsche Soldaten des Krieges 1939-1945. Gedenket ihrer und der Opfer aller Kriege”, lautet die Inschrift am großen Kreuz. Die Kriegsgräberstätte ist einer der größten und ältesten Friedhöfe der Stadt. Er wurde 1801/02 angelegt.
Montenegro: in kleinstem Kreis
Diplomaten, Militär und der Volksbund mit seinem Umbettungsdienst waren bei einer Gedenkstunde in kleinstem Kreis in Montenegro dabei: Die Deutsche Botschaft hatte auf die Kriegsgräberstätte Podgorica eingeladen. Botschafter Peter Felten, der erste Sekretär Lars Hohnheit und zwei montenegrische Mitarbeiter vertraten die Botschaft, Srdzan Veljic die montenegrische Armee und Oleg Voronov den Volksbund. Er ist Gruppenleiter für Nord-Mazedonien, Montenegro, Serbien und die Slowakei.
Podgorica ist der einzige deutsche Soldatenfriedhof in Montenegro. Er liegt unmittelbar neben dem Flughafen der Stadt. 64 Tote sind dort begraben.
Zwei Kränze in Minsk
Zwei Kränze legten der deutsche Botschafter Manfred Huterer und der Verteidigungsattaché, Oberstleutnant i. G. Andreas Leibner, mit Vertretern des Volksbundes und des belarussischen Außenministeriums in Minsk nieder.
Mit einem gedachten sie auf dem Friedhof Tarasowo der 1.098 deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges, die dort ruhen. Der zweite erinnert am Denkmal der gefallenen Soldaten der Roten Armee in der Nähe des deutschen Konsulats an die sowjetischen Kriegstoten. Huterer verwies darauf, dass Belarus grausamer Schauplatz des Zweiten Weltkrieges mit fast drei Millionen belarussischen Toten gewesen war.
NATO-Vertreter in Bratislava
In der slowakischen Hauptstadt Bratislava (früher Pressburg) waren mehr als 70 nationale und internationale Gäste der Einladung der Botschaft auf den deutschen Soldatenfriedhof Ruzinov im Stadttteil Vrakuňa gefolgt. Auch der Volksbund und das slowakische Verteidigungsministerium waren an der Organisation der Gedenkstunde beteiligt, bei der Botschafterin Barbara Wolf die Rede hielt.
Dabei waren unter anderem Vertreter des Diplomatisches Korps aus den USA, Ungarn und Österreich, der NATO in Bratislava, der Deutsch-Slowakischen Industrie und Handelskammer und der Deutschen Schule. Das Deutsche Einsatzkontingent unter Führung von Oberst i.G. Dr. Pötzsch stellte Ehrenformation und Kranzträger.
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... lesen Sie unter anderem im Bericht von der wichtigsten Veranstaltung dieses Tages in Berlin, bei der am 13. November 2022 der lettische Staatspräsident Egils Levits zu Gast war: Gedenkstunde im Bundestag: „Demokratie darf nicht hilflos sein”.
Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge ist ein gemeinnütziger Verein, der seine Arbeit vor allem aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert.