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„Welt etwas mehr zusammengeschweißt“

Berlin-Workcamp: Gedenkveranstaltung zwischen 258 Soldatengräbern des Ersten Weltkrieges

Am Ende steht Dankbarkeit: „für neue Freundschaften, neues Interesse an der Vergangenheit und dafür, Teil eines Größeren zu sein.“ Bewegende Worte bei bewegender Zeremonie, gesprochen an einem Gräberfeld des Ersten Weltkrieges auf dem Friedhof „In den Kisseln“ in Spandau. Die Gedenkveranstaltung war Höhepunkt am Ende des Berliner Workcamps 2021. Und sie steht stellvertretend für alle weiteren in dieser Camp-Saison des Volksbundes.

Musik, Grußworte und Ansprachen, das Totengedenken, die Schweigeminute und schließlich die Kranzniederlegung – es ist der klassische Rahmen, um der Kriegstoten zu gedenken. Ist er noch zeitgemäß für 16- bis 25-Jährige? Wer die 15 jungen Leute aus Deutschland, Ungarn, Rumänien und Polen beobachtet, hat den Eindruck: ja.

 

Dem schweren Thema angemessen

„In diesem Setting ist das passend“, sagt Nils Krause (20) aus Klein-Machnow, „weil es so ein schweres Thema ist. Es soll ja zum Denken anregen.“ Die Zeremonie auf dem Friedhof gehöre dazu, weil die Gruppe zeigen wolle, welchen Beitrag sie geleistet hat – nicht nur mit dem Pflegeeinsatz auf diesem Gräberfeld wenige Tage zuvor. Sie haben einen Beitrag geleistet, damit niemand das Schreckliche vergisst und damit sich es nicht wiederholt.

Auch für Jan Senger (19) aus Eisenberg in der Pfalz ist der Rahmen stimmig – mit Bundeswehr-Vertretern in Uniform und diplomatischen Gästen: „Ich finde das super.“ Allen überreichte die Gruppe zum Abschluss je eine Nelke mit der Bitte, sie auf einem der 258 Gräber abzulegen. „Auch das gefällt mir sehr“, sagt Jan.

 

Was ist Frieden?

So klassisch der Rahmen auch ist: Er lässt genug Freiraum für eigenes Gestalten. Und so erklingen „Wind of Change“ von den „Scorpions“ und „To Be Human“ von „Marina“. Gitarrenklänge und ein Gedicht sind zu hören. Und erstmals sagen alle nacheinander – in einem Halbkreis vor dem Ehrenmal stehend – einen Satz zum Stichwort „Frieden“. Zum Beispiel: „Frieden ist nicht selbstverständlich“. Und: „Frieden ist die grundlegendste Antwort“. Und: „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.“

Kurz fassen die jungen Leute zusammen, was sie in den zwei Wochen im Rahmen des Workscamps erlebt und getan haben, das mit „Berlin international – if places could speak“ überschrieben war (Wenn Orte sprechen könnten). Dazu gehörten Workshops und Führungen in Berlin, Potsdam und Ravensbrück, eine Kanufahrt, ein Badeausflug. Aber auch das: viel erfahren zu haben über die Geschichte der vier Länder, über ihre Kultur, Musik und Tanz. „Diese Erfahrungen haben uns bereichert und für Vergangenheit und Gegenwart sensibilisiert. Sie haben die Welt etwas mehr zusammengeschweißt“, sagt einer von ihnen.

 

Lob für Pflegeeinsatz

Der Friedhof „In den Kisseln“ ist eine der größten Kriegsgräberstätten Berlins mit 17 Abteilungen für fast 7.600 Opfer von Krieg und Gewalt. Hier hatten sie Grabsteine, das Ehrenmal und die Wege gesäubert und sich mit Schicksalen der hier Begrabenen auseinandergesetzt. 258 Soldaten sind es, die größtenteils in Berliner Lazaretten verstorben waren. „Danke, dass Sie gekommen sind, um ihrer zu gedenken“, ist zu hören.

Zu den Gästen gehörten unter anderem Csaba Schultheisz, Leitender Konsul der ungarischen Botschaft in Berlin, und auch Vertreter der Bundeswehr um Brigadegeneral Holger Neumann vom Kommando Luftwaffe der General-Steinhoff-Kaserne. Unterkunft, Verpflegung, Fahrdienste – für all das dankte Birgit Kröner, die stellvertretende Vorsitzende des Volkbund-Landesverbandes Berlin. Ihr großer Wunsch an die Gruppe: „Halten Sie den Kontakt untereinander“ – damit die Saat der internationalen Jugendbegegnung aufgehen kann.

Stefan Pasch, im Bezirksamt Spandau für Grünflächen und Friedhöfe verantwortlich, lobte den Pflegeeinsatz auf dem Grabfeld – eines von dreien mit Toten des Ersten Weltkrieges – und dankte für „ganz tolles Engagement“. Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung, zu der der Landesverband Berlin eingeladen hatte, nutzten viele die Gelegenheit zum Gespräch.

 

Ausstellung und Stadtspaziergang 

Großen Anteil am Erfolg des Camps in Berlin hatten die Teamerinnen und Teamer: Luka Schultze, Jan Schillmöller, Isabelle Cirlanaru und Ann Slabik. Sie und die Gruppe luden im Anschluss an die Veranstaltung zu Gesprächen ein, was viele nutzten. Verantwortlich für das Camp war Viktória Blahó im Volksbund-Fachbereich Internationale Jugendbegegnungen & Workcamps.

Inhaltlich ging es um den Themenkomplex Erinnerungslandschaft in Berlin und Potsdam und um Fragen wie diese: Was symbolisieren heute bedeutende Orte der Geschichte? Wem wird an bestimmten Orten gedacht, wem nicht? Wie sind die Orte gestaltet? Antworten gab es unter anderem in der Ausstellung im Schloss Cecilienhof (Potsdamer Konferenz 1945 – die Neuordnung der Welt) und bei einem Stadtspaziergangs mit der „Stiftung Denkmal“.