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Hat der Erblasser seinen Lebenspartner in einem Testament zum Miterben eingesetzt, kann ...

Hat der Erblasser seinen Lebenspartner in einem Testament zum Miterben eingesetzt, kann ...

Hat der Erblasser seinen Lebenspartner in einem Testament zum Miterben eingesetzt, kann diese Erbeinsetzung auch Bestand haben, wenn der Lebenspartner nach einer Demenzerkrankung des Testamentsverfassers einen neuen Lebenspartner heiratet.
(OLG Oldenburg, Beschluss vom 26.09.2022, 3 W 55/22, BeckRS 2022, 27735)


Der Fall

Der Erblasser hatte in seinem Testament seinen Lebenspartner und seine Tochter je hälftig zu Erben eingesetzt. Nachdem er an Demenz erkrankt war, wurde er ab Ende 2016 stationär in einer Pflegeeinrichtungen betreut. Sein Lebenspartner heiratete im Sommer 2020 einen neuen Lebenspartner. Nachdem der Erblasser verstorben war, hat die Tochter das Testament ihres Vaters aufgrund eines Motivirrtums angefochten, insoweit der Lebenspartner zum Erben bestimmt ist. Sie begründete dies damit, dass ihr Vater bei Kenntnis der Tatsache, dass sich sein ehemaliger Lebensgefährte einem neuen Partner zuwendet und diesen auch heiratet, sein Testament geändert hätte. Das Amtsgericht hat diese Anfechtung zurückgewiesen, so dass sich das Oberlandesgericht mit dem Rechtsstreit befassen musste.


Die Entscheidung

Auch das Oberlandesgericht entschied zugunsten des ehemaligen Lebenspartners. Zwar sei ein Testament, in dem ein Lebenspartner zum Erben eingesetzt ist, dann grundsätzlich unwirksam, wenn die Lebenspartnerschaft im Erbfall nicht mehr besteht. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser die Verfügung auch für einen solchen Fall getroffen hätte. In dem hier zu beurteilenden Einzelfall ist von einer derartigen Ausnahme auszugehen. Zu Recht hat das Amtsgericht festgestellt, dass die Beziehung des Erblassers und seines ehemaligen Lebenspartners nicht daran scheiterte oder beendet wurde, weil beide sich auseinander gelebt hatten oder einer der beiden sich während laufender Lebenspartnerschaft einem neuen Lebenspartner in schuldhafter Weise zugewandt hatte. Vielmehr konnte die Beziehung letztlich aufgrund der Demenz des Erblassers faktisch nicht mehr gelebt werden. Sie wurde nicht willentlich vom Erblasser oder seinem ehemaligen Lebenspartner beendet. Beide haben bis zur Einweisung des Erblassers in das Pflegeheim ohne Einschränkungen ihre gemeinsame Lebenspartnerschaft gelebt und geführt. Auch ist zu berücksichtigen, dass der Lebenspartner wöchentlich an seinem freien Tag den Erblasser auch nach der Demenzerkrankung im Pflegeheim besuchte und sich nicht von ihm abgewendet hat. Demzufolge kam auch das Oberlandesgericht Oldenburg zu dem Ergebnis, dass die Tochter die Erbeinsetzung des ehemaligen Lebenspartners nicht wirksam angefochten hat und der ehemalige Lebenspartner zur Hälfte neben der Tochter Erbe wurde.


DVEV-Expertenrat „Dieser Rechtsstreit hätte durch eine klare Formulierung im Testament vermieden werden können“, so Rechtsanwalt Jan Bittler, Geschäftsführer der DVEV und Fachanwalt für Erbrecht in Heidelberg. „Ist ein Lebenspartner oder Ehegatte im Testament als Erbe eingesetzt, empfiehlt sich immer die Klarstellung, ob diese Erbeinsetzung auch im Fall einer Trennung bzw. Scheidung weitergelten soll. Denn nur in den wenigsten Fällen wird dies gewollt sein.“

Weitere Informationen

Fundstelle: OLG Oldenburg, Beschluss vom 26.09.2022, 3 W 55/22, BeckRS 2022, 27735

Quelle: Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V. (www.dvev.de)

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