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"100 Jahre Volksbund – Erinnern und Erzählen"... in München und eine irre Geschichte

„Der Volksbund muss mehr in die Schule – und braucht dabei auch Unterstützung aus der Politik“, war eine Quintessenz am Montagabend im Maximilianeum. Im Rahmen der Reihe „100 Jahre Volksbund – Erinnern und Erzählen“ folgten im Senatssaal knapp 60 Gäste der Münchener Veranstaltung. Zum Jubiläum des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge gibt es 2019 quer durch die Republik einen ganzen Reigen an Veranstaltungen.

„Die Geschichte des Volksbundes ist untrennbar mit der deutschen Geschichte verwoben“. Darauf wies bei seiner Begrüßung der Volksbund-Bezirksvorsitzende Robert Brannekämper hin.

Dr. Christian Fuhrmeister vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte beschäftige sich im Einstiegsvortrag mit zentralen Aspekten der Volksbundarbeit. Sein Ansatz waren dabei die Fragestellungen. „Wer erinnert wen? Wofür? Warum und in welcher Form?“, die er unter das Schlagwort der „Kommemorierung des Soldatentodes“ (Fuhrmeister) stellte. Dazu zeigte er Bilder von verschiedenen Anlagen des Volksbundes. So unter anderem die von Robert Tischler gestalteten Totenburgen. Der langjährige Chefarchitekt des Volksbundes war seit der Weimarer Zeit bis in die junge Bundesrepublik in der Bauleitung des Volksbundes in München aktiv. Im Kontrast dazu – „quasi als Aufbruch in eine neue Zeit“ (Fuhrmeister) – der Soldatenfriedhof am Futa-Pass in Italien, den der Architekt Prof. Dieter Oesterlen in den 1960er-Jahren gestaltete.

Eva Lell vom Bayerischen Rundfunk moderierte gewohnt souverän die anschließende Diskussion. Neben Fuhrmeister saßen Brigadegeneral Jared Sembritzki, der Kabarettist Christian Springer, der stellvertretende Bezirksvorsitzende des Volksbundes Heinrich Stadelmaier sowie Max Pfeuffer aus Würzburg, als eine „junge Stimme“ des Volksbundes auf dem Podium.

Zum im Vortrag erwähnten „Wald der Erinnerung“ der Bundeswehr führte General Sembritzki aus, dass die dorthin verbrachten an den Einsatzorten erstellten Gedenkorte „auch für die Truppenteile von Bedeutung sind, die keine eigenen Verluste im Einsatz zu beklagen haben“.

Auf der Suche nach einem Verbrecher

Die „irre“ Geschichte des Abends kam von Christian Springer, der dem Volksbund nach eigenem Bekunden sein Leben verdankt. Als junger Mann hatte sich Springer gemeinsam mit Simon Wiesenthal sowie Beate und Serge Klarsfeld aktiv an der Suche nach dem damals meistgesuchten NS-Verbrecher Alois Brunner beteiligt, der als SS-Offizier für den Tod von mindestens 128 000 Juden verantwortlich war.

Christian Springer reiste dazu in den 80er Jahren mehrfach nach Syrien um dort Alois Brunner aufzuspüren. Brunner stand dort  – wie sich Jahre später bestätigte – unter dem Schutz des Assad-Regimes. Springer konnte also nicht einfach durch das Land reisen und offen nach Brunner fragen. Er brauchte eine glaubwürdige seriöse Beauftragung. So „fertigte“ er sich aus Mitgliedsanschreiben des Volksbundes an seine Eltern „Blankokopfbögen des Volksbundes“ mit Präsidentenunterschrift. Darauf bestätigte sich Springer, dass er sich im Auftrag des Volksbundes um deutsche Kriegsgräber in Syrien und insbesondere den deutschen Friedhof des Ersten Weltkrieges bei Aleppo kümmere. Diese Legende habe ihm – so ist sich Springer sicher – „mehrfach vor unliebsamen Nachfragen oder gar schlimmerem geschützt“.

Im weiteren Verlauf der Diskussion wies Springer darauf hin, dass „der Volksbund nicht sexy“ ist und verband dies mit dem Appell, in die Schulen zu gehen. Dem schloss sich das Podium unisono an. Fuhrmeister wies darauf hin, dass „Gräber keine Fake News“ sind. Gleichwohl sprechen diese heute in der Regel nicht mehr für sich, sondern bedürften der Erläuterung. Pfeuffer erläuterte mehrfach und auch in diesem Zusammenhang die Jugend- und Bildungsarbeit des Volksbundes und ihre Bedeutung gerade für junge Menschen. Stadelmaier betonte mehrfach die Friedensarbeit des Volksbundes und warb engagiert dafür, sich hier einzubringen: „Auch wenn die Möglichkeiten des Volksbundes begrenzt sind, ist es wichtig hier etwas zu tun“.

Zum Ende der Veranstaltung kam dann noch das Angebot von Springer mit jungen Menschen in den Libanon zu reisen, um eine deutsch-libanesische Jugendbegegnung anzustoßen. Auch hiervon werden wir dann an dieser Stelle berichten.

Thomas Rey