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6. Juni 1944: "Du springst als nächster!"

Der Krieg im Westen: Biographien rücken bei Volksbund-Ausstellungen in den Fokus

Heute, am 6. Juni, jährt sich der Tag, an dem 1944 die Alliierten in der Normandie landeten. Und 80 Jahre sind inzwischen vergangen, seit die Wehrmacht den Krieg in Westeuropa begann: am 10. Mai 1940. Der Volksbund hält die Erinnerung daran nicht nur mit Kreuzen und Inschriften wach, sondern zunehmend mit modern konzipierten Ausstellungen mit biographischem Material. 

„Du springst als nächster!“, ruft Bernard Frerking seinem Burschen zu und reicht ihm die Hand. Dieser springt aus dem flachen Graben und stürmt der nächsten Deckung entgegen, während Kugeln der Amerikaner neben ihm in den Sand peitschen. Hein Severloh schaut sich nicht mehr um, er rennt und rennt: nur raus aus dem Feuer, nur weg vom Strand!

Tausende Schüsse Richtung Strand
In den Stunden zuvor ist es Hein Severloh, der seine Gegner am Strand der Normandie mit Maschinengewehr-Feuer belegt. Tausende von Schüssen gibt er am 6. Juni 1944 auf die landenden Amerikaner ab. Oberleutnant Frerking bringt ihm Munition. Die Verluste an diesem Strandabschnitt, dem die Amerikaner den Codenamen „Omaha“ geben, sind enorm. Bald schon sprechen sie von „Bloody Omaha“ – "Blutstrand".

Nach seinem Rückzug vom Strand wird Hein Severloh verwundet und gerät in amerikanische Gefangenschaft. Erst viel später erfährt er vom Schicksal Bernhard Frerkings: Am Ort ihres hastigen Abschieds wird er durch einen Kopfschuss getötet.

Vom "Blutstrand" nach La Cambe
Hein Severloh ist überzeugt, dass Frerking ihm mit seinem letzten Satz das Leben gerettet hat. Oft kommt er in den folgenden Jahren in die Normandie, um das Grab seines damaligen Vorgesetzten zu besuchen. Bestattet ist er auf der Deutschen Kriegsgräberstätte La Cambe.

Dort informiert seit 2019 eine neue Ausstellung – über die militärischen Ereignisse im Rahmen der Landung der Alliierten und vor allem über die Geschichten der Toten, die auf dieser und vielen weiteren Kriegsgräberstätten in der Region begraben sind. Sie informiert nicht nur über den Gefallenen Frerking und den Überlebenden Severloh, sondern auch über weitere deutsche und alliierte Soldatenschicksale wie das eines indigenen Kanadiers zum Beispiel. Für ihn war der Kriegseinsatz auch eine Chance auf gesellschaftliche Anerkennung.

Von Opfern und Tätern
Auch Tätergeschichten verbinden sich mit diesem Ort: Die Verantwortlichen für Massaker an der Zivilbevölkerung im französischen Oradour oder auf Kreta sind hier bestattet. Die Ausstellung informiert daher auch über Kriegsverbrechen, über NS-Verfolgte sowie über die vielen zivilen Kriegsopfer, die im Zuge der deutschen Besatzung zu beklagen waren.

Mit den Kämpfen in der Normandie 1944 wird der Krieg im Westen entschieden, der Weg nach Paris und bis zum Rhein ist frei. Frankreich feiert seine Befreiung. Doch im Jahr 2020 erinnert der Volksbund auch an den Beginn des Krieges mit Frankreich vor 80 Jahren und die daran anschließende vierjährige Besatzungszeit.

Erst ins Exil, dann auf der Flucht
Mit dem deutschen Vorrücken mussten NS-Gegner und verfolgte Juden, die in den Jahren zuvor in Paris und anderswo Exil gefunden hatten, abermals fliehen. Widerstand gegen die NS-Besatzung wurde erbarmungslos unterdrückt, später mussten viele Franzosen Zwangsarbeit leisten.

Auf der Deutschen Kriegsgräberstätte Niederbronn-les-Bains im Elsass entsteht zur Zeit ebenfalls eine modern konzipierte Ausstellung. Im Mittelpunkt stehen wiederum die Menschen, die in dieser Zeit auf beiden Seiten in Kämpfen den Tod fanden. Zugleich erzählt diese Ausstellung am Ort der Internationalen Begegnungsstätte Albert Schweitzer des Volksbundes vom großen Wandel in den bilateralen aber auch gesellschaftlichen Beziehungen beider Länder.

Seine Arbeit finanziert der Volksbund als gemeinnütziger Verein vor allem aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen.

Text: Hauke Homeier

Darstellung der Ereignisse um den Tod von Bernhard Frerking sind angelehnt an die autobiographischen Beschreibungen von Heinrich Severloh: WN 62, Erinnerungen an Omaha Beach, Garbsen 2000.