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Schicksale beeindruckten Schüler auf Kriegsgräberstätte Ysselsteyn

Kreisverband des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. lud zur Studienfahrt ein

Siegen/Ysselsteyn (Niederlande) 02.08.2018 „Das ist ja unfassbar!“ Yannik N. steht tief bewegt am Eingang der Kriegsgräberstätte von Ysselsteyn in den Niederlanden. Vor ihm auf einem parkähnlichen Gelände mehr als 31.000 Grabkreuze von Kriegstoten des Zweiten Weltkrieges. „Hier werden das Ausmaß und der Schrecken des Zweiten Weltkrieges ein Stück weit sichtbar. Bisher war das nur Stoff aus dem Geschichtsunterricht.“ sagt Merle K., die neben ihm auf dem Weg steht unter einer Allee von Bäumen.

Die beiden waren Teilnehmer der Studienfahrt des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., die vor den Sommerferien stattfand. Der Kreisverband Siegen-Wittgenstein des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. hatte dazu eingeladen.

Rund 40 Personen, darunter 31 Schüler der Verwaltungsklasse VwBU1 des Berufskollegs Wirtschaft und Verwaltung mit ihrer Lehrerin Antje Schneyer, hatten sich aufgemacht, um die Kriegsgräberstätte zu besuchen.

Ysselsteyn liegt etwa drei Autostunden von Siegen entfernt, direkt hinter der deutsch-niederländischen Grenze. Wenige Kilometer südwestlich von Venray, einer Gemeinde mit rund 40.000 Einwohnern in der Provinz Limburg, wurde die flächenmäßig größte Kriegsgräberstätte der Welt mit einer Fläche von 30 Hektar nach dem Krieg errichtet. Auf ihr ruhen alle im Zweiten Weltkrieg in den Niederlanden gefallenen oder verstorbenen Deutschen, soweit sie nicht nach Deutschland überführt wurden.

Dass jede und jeder von ihnen ein Mensch mit Biographie, Familie, Träumen oder Berufswünschen war, das wurde in einem Workshop erarbeitet, der von der Jugendbildungsstätte des Volksbundes direkt neben der Kriegsgräberstätte angeboten wurde. Hier konnten die Teilnehmer anhand von historischen Dokumenten, Briefen, Tagebüchern und Bildern das Schicksal von neun der 31.000 Kriegstoten kennen lernen. Nachdem diese von Arbeitsgruppen zu Kurzbiographien zusammengefasst worden waren, begaben sich die Schüler erneut auf den Friedhof, um die einzelnen Gräber dieser Menschen aufzusuchen. Hilfreich war hier ein Lageplan, der die Suche unter den 31.000 Grabkreuzen vereinfachte. Dort angekommen, stellten die Gruppen dann die einzelnen Biographien vor.

Besonders bewegend war für viele beispielsweise das Schicksal des Oberleutnant Georg Quass, einem sechsfachen Familienvater, der sich mit einigen seiner Kameraden in aussichtsloser Lage den alliierten Streitkräften ergab und aufgrund eines Gefangenenaustauschs zurück in deutsche Hand geriet. Hier wurde ihm wegen Hochverrat der Prozess gemacht. Am 18. November 1944 wurde er standesrechtlich erschossen. Ein Gnadengesuch wurde abgelehnt. Seine Ehefrau blieb mit den Kindern zurück. Ein Schüler zitierte aus dem Abschiedsbrief, der seiner Familie erhalten blieb: „Den Kindern kannst du einmal sagen, dass ihr Vater einen Fehler begangen hat, für den er mit seinem Leben büßen musste; er aber kein feiger, unwürdiger und ehrloser Mensch gewesen ist.“

Ganz anders, aber ebenso dramatisch stellte sich das Schicksal von Anneliese Lehmann dar. Sie war als Zivilangestellte auf dem Flugplatz Stendal angestellt. Bei einer Zugfahrt in den Heimaturlaub nach Deutschland wurde sie Opfer eines Bombenangriffs in den Niederlanden am 8. April 1945 und verlor mit 25 Jahren ihr Leben.

Den Abschluss des Studientages bildete eine Austauschrunde, in der Eindrücke und Erkenntnisse gesammelt wurden. Viele Schüler berichteten davon, dass der Zweite Weltkrieg nun für sie ein „Gesicht“ habe. Andere waren auf Grabkreuze von Menschen aufmerksam geworden, die kaum älter oder sogar noch jünger waren, als sie selbst und deren Leben aufgrund eines Krieges sinnlos beendet wurde. Manch einer hatte sogar Kindergräber entdeckt.

Auch Klaus Stötzel, Abgeordneter des Kreistages Siegen-Wittgenstein und Teilnehmer der Studienfahrt, zeigte sich tief bewegt von dem mahnenden Charakter der Kriegsgräberstätte. Aber er freue sich auch, so Stötzel weiter, dass mit diesem Studientag mehr als 30 junge Menschen entdeckt hätten, wo ein solch sinnloser Krieg endet. Und er ermutigte die Teilnehmer abschließend: „Bitte setzt euch dafür ein, dass wir auch weiter in Frieden leben können. Bringt euch in unserer Gesellschaft ein, engagiert euch für Demokratie und Rechtsstaat!“

 

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"Diese Fahrt wurde gefördert durch die Stiftung Gedenken und Frieden."