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Und am Ende gewinnt der Frieden

U17-Freundschaftsspiel zwischen Hertha und Liverpool

Über Fußball ist viel geschrieben worden – dabei liegt die Wahrheit bekanntlich auf dem Platz. Dass der Fußball die Menschen über Grenzen hinweg verbinden kann, ist aber ebenso wahr. Das Freundschaftsspiel der U17-Jugendmannschaften von Hertha BSC und FC Liverpool, das zwei Tage vor dem Volkstrauertag vor allem viele junge Sportfans sowie zahlreiche Volksbund-Mitglieder ins Herthaner Amateurstadion zieht, ist dafür ein gutes Beispiel: Denn die 22 jungen Kicker aus England und Deutschland erinnern mit ihrem Spiel zugleich an den historischen „Weihnachtsfrieden“ vor 100 Jahren. Damals hatten die Soldaten den Krieg ruhen – und dafür den Ball ins Rollen gebracht. Eine geniale Idee. Diesem Geist folgten nun auch die jungen Spieler unserer Tage. Es folgt ein Spielbericht, der eigentlich keiner ist.

Das Ergebnis und womöglich auch viele Tore sind beim Fußball immer wichtig. Wenn dem nicht so wäre, würde ja schließlich auch keiner mitzählen. Doch die entscheidende Spielidee dieser Partie zwischen den Top-Nachwuchskräften Herthas und Liverpools ist eine ganz andere – und sie ist großartig: Es geht darum, zu zeigen, dass der oben beschriebene historische Sonderfall des Weihnachtsfriedens, des christmas truce, durchaus kein Einzelfall ist. Heute gibt es gerade im Fußball aber auch zahllosen anderen Sportarten einen intensiven Austausch bei diversen internationalen Events – aber eben auch ganz gezielt im Rahmen von Jugendprojekten.

Sport verbindet

„Sport verbindet, das ist keine Floskel. Denn Sport, vor allem Fußball, kann man nur mit anderen betreiben, man braucht Partner und trägt den Wettkampf friedlich aus“, sagt daher auch Hertha-Präsident Werner Gegenbauer (Foto unten mit Wolfgang Schneiderhan). Er unterstützte das Friedensprojekt „Fußball und Gedenken“, in dem sich Hertha BSC und der Volksbund gemeinsam engagieren, von Anfang an. Zugleich betont er noch einmal den historischen Hintergrund – und auch den Kontrast – zum friedlichen Freundschaftsspiel unserer Tage: „Vielleicht macht kein anderes Ereignis den Irrsinn des Krieges, dieses und jeden Krieges, so deutlich wie dieses Weihnachtswunder von 1914. Hätte man damals das Signal aufgenommen, Millionen Menschen hätten nicht den Tod gefunden, ungeheures Leid wäre den Völkern Europas erspart geblieben.“

Zugleich weiß er aber auch um die dunklen Seiten des Fußballs, der damit auch ein Spiegelbild des menschlichen Daseins bietet. Immer wieder gibt es Konflikte zwischen rivalisierenden Anhängern oder auch zwischen Fans und Ordnungskräften. Solche schrecklichen Bilder sind bekannt und flimmern gegebenenfalls prominent auf allen Kanälen – eben weil es etwas Ungewöhnliches darstellt. Viel häufiger aber enden solche Speile so friedlich, wie sie begonnen haben. Zudem gibt es zahllose Fan- und auch Clubfreundschaften, die teils seit Jahrzenten mit viel Leben und Liebe gefüllt werden – so wie bei Hertha oder Liverpool.

Wir spielen zusammen

Gegenbauer weiß das. Und er kennt auch all die sprachlichen Redewendungen, die den Fußballsport fast wie ein Kriegsgeschehen beschreiben: „Im Fußball wird „gekämpft“, es wird „geschossen“, eine Flanke schlägt ein „wie eine Granate“ und ein bekannter deutscher Stürmer hatte den Beinamen „Bomber“, der den Ball im Netz der gegnerischen Mannschaft „versenkt“ hat. Das klingt martialisch, ist es aber nicht. Denn im Fußball spielen Mannschaften nicht gegeneinander, sondern miteinander. Natürlich wetteifern die Mannschaften um den Sieg im Spiel, aber es bleibt ein Spiel, das man auch nur gemeinsam spielen kann.“

Diese Worte spricht der Hertha-Präsident vor über 800 Zuschauern. Darunter sind auch der Volksbund-Präsident Wolfgang Schneiderhan sowie Jugendliche der Gelsenkirchener Berger Feld Schule und des Kasseler Friedrichsgymnasiums, die in den vergangenen Monaten in Zusammenarbeit mit dem Volksbund mehre Kriegsbiografien aus dem Ersten Weltkrieg erforscht haben. Ihre teils erschreckenden und bedrückenden Studienergebnisse werden sie am 18. November bei der Zentralen Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag im Deutschen Bundestag vortragen (ab 13.30 Uhr live im ZDF).

Fußball ist wie das Leben

Damit ist eigentlich alles gesagt. Man sollte also weder in die eine, noch in die andere Richtung zu sehr verallgemeinern. Fußball ist wie das Leben: Es hat viele verschiedene Seiten, gute und natürlich auch schlechte. Das alles gehört zum menschlichen Wesen.

Doch es gibt guten Grund zur Hoffnung: Von der englischen Fußballlegende Gary Lineker gibt es ein interessantes Zitat. Demnach sei Fußball ein ganz einfaches Spiel, bei dem 22 Spieler 90 Minuten einem Ball hinterherlaufen und am Ende gewinnt Deutschland. Dies ist spätestens seit der katastrophalen WM im Sommer klar widerlegt worden. Doch dieser Sinnspruch lässt sich durchaus weiterdenken und aktualisieren. Heute könnte man sagen: Fußball ein ganz einfaches Spiel, bei dem 22 Spieler 90 Minuten einem Ball hinterherlaufen – und am Ende gewinnt der Frieden! Das wäre was.

Das Spiel

Ach ja: Gespielt wurde auch noch – und zwar auf höchstem U17-Niveau. Zu Beginn sind es die Reds aus Liverpool, die durch Matteo Ritaccio hätten in Führung gehen können. Doch Hertha-Keeper Kilian Schubert kann diese und auch noch etliche weitere Chancen in Halbzeit eins abwehren. In der Folge entwickelt sich ein ausgeglichenes Spiel, in dem beide Teams aber zunächst durch ihren gegenseitigen Respekt gehemmt wirken.

Die beste Hertha-Möglichkeit in Runde eins hat Paul Golombeck auf dem Fuß. Doch ebenso wie bei der nachfolgenden Ecke ist Reds-Schlussmann Oscar Kelly auf dem Posten und pariert eindrucksvoll. Mitte der ersten Halbzeit ist es erneut der auffällige  Matteo Ritaccio der im Strafraum nach Alleingang abzieht. Abermals rettet der gut aufgelegte Hertha-Schlussmann Schubert auf der Linie. Nach einer halben Stunde erhält schließlich Ali Gündogdu eine weitere Großchance. Doch auch der Reds-Keeper zeigt wiederholt sein Ausnahmetalent und bereinigt die Situation mit seiner artistischen Parade. Damit geht es zum Pausentee.

Im zweiten Durchgang entwickeln die Gäste aus England mit klugem und vor allem präzisem Passspiel nach und nach ein spielerisches Übergewicht. Das wird auch belohnt: Eine Ecke auf den kurzen Pfosten wird per Hinterkopf verlängert und fällt dann Tylor Morten vor die Füße. Der hat keine Mühe aus kurzer Distanz zu vollenden und markiert in der 52. Minute bereits den durchaus verdienten 1:0-Endstand.

Hertha antwortet zunächst mit wütenden aber wenig effektiven Angriffen, die zumeist eine Beute des Gegners werden. Danach wird es ruhiger und in der Folge verwalten die Reds den knappen Vorsprung. Kurz vor Schluss gibt es noch einmal mehrere Gelegenheiten durch schussgewaltige Hertha-Freistöße, die der gute Liverpool-Schlussmann aber allesamt abwehren kann. Am Ende haben dann tatsächlich alle Kicker gewonnen, da ein Vertreter der Premier League sämtliche Spieler mit einer Medaille des „football remembers“-Erinnerungsprojektes auszeichnet.

Das war ein in jeder Hinsicht ein erfolgreicher Fußball-Abend für alle Spieler – und die Zuschauer sowieso.

Maurice Bonkat