Unterwegs auf der Grünen Route: die Gruppe am vorletzten Tag vor der Deutschen Botschaft in Prag (© Volksbund)
21 Nationen auf Tour durch Europa: PEACE LINE-Station Prag
Gemeinsam für den Frieden: Volksbund-Jugendformat mit vier Routen im dritten Jahr
2019 stellte der Volksbund auf Wunsch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dem Auswärtigen Amt die Weichen für ein ungewöhnliches Friedensprojekt: Junge Europäer reisen auf Routen quer durch Europa. Beim Start 2021 waren es zwei PEACE LINES, jetzt sind es vier.
Die Gruppen besuchen nicht nur Gedenkstätten und Erinnerungsorte des Ersten und Zweiten Weltkrieges, sondern auch der Europäischen Einigung. Die jungen Leute tauschen sich über ihre nationale Geschichte aus und diskutieren, was diese heute für ihr Zusammenleben in Europa bedeutet. Das Besondere an PEACE LINE: Es ist ein Projekt von jungen Menschen für junge Menschen.
Gedenkstätte Lidice
24 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 21 Ländern waren auf der Grünen Route unterwegs. Am vorletzten Tag in Prag besuchten sie das tschechische Dorf Lidice, das 1942 Opfer einer willkürlichen Vergeltungsaktion der Nationalsozialisten und dem Erdboden gleichgemacht wurde.
Katharina, eine junge Freiwillige von „Aktion Sühnezeichen” aus Deutschland, die seit zehn Monaten Führungen in der Gedenkstätte Lidice macht, begleitete die PEACE LINER über das Areal. Als besonders anrührend empfanden sie die Skulptur für die ermordeten Kinder des Dorfes.
Das Denkmal für die ermordeten Kinder von Lidice © Volksbund
Historische Orte: Balkon und Treppe
Am Nachmittag war die PEACE LINE-Gruppe im Palais Lobkowicz, in der deutschen Botschaft in Prag zu Gast, wo 1989 tausende Flüchtlinge aus der DDR auf ihre Ausreise warteten. Damals hatten auf der prachtvollen Treppe des Adelspalais aus dem 18. Jahrhundert auf jeder Treppenstufe zwei Personen campiert.
Im Garten erinnert das Denkmal des Trabbis, der „Beine bekommen hat“, an die Endphase der DDR 1989. Botschafts-Mitarbeiterin Katrin Bock verwies auf den „Genscher-Balkon“, den der ehemalige Außenminister und Namensgeber Hans-Dietrich Genscher am 25. Jahrestag noch einmal besuchte. DDR-Flüchtlinge von damals waren ebenfalls eingeladen.
Heute sind es die Urkainerinnen und Ukrainer, die eine der höchsten Flüchtlingsraten in der EU darstellen. In der Tschechischen Republik seien es rund 500.000 Personen bei einer Bevölkerung von zehn Millionen, so Katrin Bock. Die Geflüchteten seien akzeptiert, da sie in der Regel privat von Verwandten versorgt würden.
„Mindestens zwei Sichtweisen“
Der Blick auf die Geschichte war auch Thema in der Botschaft. „Es gibt auf historische Ereignisse immer mindestens zwei Sichtweisen“, so Markus Klinger, Kulturreferent und Protokollchef. Er betonte, dass die kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und Tschechien sehr gut seien und auf einer langjährigen Verbindung beider Länder aufbauten.
In der Botschaft traf die Gruppe um Dr. Heike Dörrenbächer, Leiterin der Volksbund-Abteilung Gedenkkultur und Bildung (hinten rechts), mit Kulturreferent und Protokollchef Markus Klinger und Mitarbeiterin Katrin Bock zusammen.
Jugend im Gespräch
PEACE LINE hat zum Ziel, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Workshops unter der Leitung von Teamern ihre unterschiedlichen Sichtweisen reflektieren. So eignen sie sich Geschichte an, diskutieren nationale Perspektiven und stärken das Verständnis füreinander – ein wichtiger Bestandteil für Demokratie und Frieden in Europa.
Vier Routen gibt es inzwischen: seit 2021 die Grüne von Prag nach Niederbronn-les-Bains im Elsass und die Blaue vom lettischen Riga bis zum Golm auf Usedom. Beide enden in Jugendbegegnungs- und Bildungsstätten des Volksbundes. 2022 kam die Gelbe Route auf dem Balkan von Sarajevo bis Prilep in Mazedonien dazu. Neu ist die Rote Route vom westfälischen Münster durch die Niederlande und Belgien ebenfalls bis Niederbronn.
Das Projekt wird vom Auswärtigen Amt finanziert und von einer Reihe von Partnerorganisationen unterstützt. Mehr erfahren
Text: Dr. Heike Dörrenbächer
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