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Auf den Spuren deutsch-französischen Gedenkens

Volksbund-Generalsekretär Dirk Backen inspiziert 15 Friedhöfe im Westen

Auf einer großen Tour durch Frankreich hat sich Volksbund-Generalsekretär Dirk Backen vom Zustand vieler Volksbund-Friedhöfe überzeugt. In der Normandie und der Picardie traf er Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, besonders aus dem Bereich Pflege. Sein Fazit nach achttägiger Reise: In Sachen Motivation ist der Volksbund hervorragend aufgestellt, aber der Sanierungsbedarf ist beträchtlich. Hier wird der Volksbund zusätzliche öffentliche Mittel brauchen, um den Renovierungsstau zu beseitigen.
 

Der Soldatenfriedhof von Soupir ist ein einzigartiger Ort. Wer ihn von Osten aus betritt, liest auf einem schwarzen Schild „Nekropole Nationale“, von Norden aus betreten Besucherinnen und Besucher ein deutsches Gräberfeld des deutsch-französischen Gemeinschaftsfriedhofes. Weiße Kreuze in Doppelreihen markieren die Stellen, an denen 7.236 französische Soldaten aus den Schlachten des Ersten Weltkrieges zwischen Soissons und Reims, an der Aisne, der Vesle und der Marne sowie um den Chemin-des-Dames begraben liegen, „Mort pour la France“ steht unter den Namen, „gestorben für Frankreich“.

Eine Reihe von Bäumen, zwischen denen die Überreste eines alten Ziehbrunnens stehen, markiert den Übergang zum deutschen Soldatenfriedhof. Hier sind die Kreuze grau und stehen für mehr als 11.000 Gefallene aus den Gefechten, die vom September 1914 bis zum Oktober 1918 tobten. Allein 5.955 Tote ruhen in einem Gemeinschaftsgrab.

Unter der Trikolore

Generalsekretär Dirk Backen nimmt sich an diesem grauen, nieseligen Tag viel Zeit für den Besuch dieses Friedhofes. Unter der Trikolore gedenkt er aller Toten und legt einen Kranz des Volksbundes ab. Es ist der dritte an diesem Tag – und nicht der letzte.

Schon am frühen Morgen trifft er in Fort-de-Malmaison ein. Sein erster Gang führt ihn nicht auf den Friedhof mit dem alten Baumbestand und den markanten Kreuzen, sondern in die Werkshalle der Gärtner. Gemeinsam mit Bruno Scherrer, dem Pflegeleiter des Volksbundes in Frankreich, begrüßt der 62-Jährige die neun Gärtner, die die Friedhöfe in diesem Teil des Landes in Schuss halten. Mit ehrlichem Interesse inspiziert Backen Rasenmäher und Schnittgut-Transporter. Er verspricht, für die Pflege der Anlage noch einen kleineren Traktor anzuschaffen und lobt die Gärtner, die teilweise schon mehr als 30 Jahre für den Volksbund arbeiten: „Man sieht, dass Sie sich mit ‚Ihrem‘ Friedhof identifizieren“, sagt er.

Frankreichs Sonderrolle

In Frankreich betreibt der Volksbund einen eigenen Pflegedienst mit mehr als 100 Beschäftigten und Saisonkräften. Außerdem betreut er seit 1966 die Gräberanlagen des Krieges von 1870/71, die bereits seit dessen Kriegsende unter gegenseitigem Schutz standen. Es gibt Friedhöfe des Ersten Weltkrieges wie in Soupir, aber auch den Friedhof von Bayeux, wo mehr als 400 deutsche Gefallene des Zweiten Weltkrieges auf einer Anlage der Commonwealth War Graves Commission liegen.

 „Frankreich nimmt eine Sonderrolle für den Volksbund ein“, erklärt der Generalsekretär. Mit keinem Land sei die Zusammenarbeit so intensiv wie mit Deutschlands großem westlichem Nachbarn. Das sei auch Ausdruck der Versöhnung nach 1945. „Heute können wir wirklich von einer echten deutsch-französischen Freundschaft sprechen.“

Zu Gast in der Picardie

Um diese Freundschaft zu unterstreichen, aber auch um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Volksbundes zu besuchen, hat sich Dirk Backen auf eine mehr als 2.000 Kilometer lange Reise Richtung Westen gemacht. In der Picardie besucht er drei Friedhöfe rund um Laon und gedenkt tausender Toter des Ersten Weltkrieges. Laon ist auch der Sitz des Präfekten des Departments Aisne, vergleichbar in etwa einem deutschen Regierungspräsidenten. Im nahegelegenen Veslud gibt es einen besonders sehenswerten Friedhof. Am Rande des kleinen Dorfes ruhen rund 1.700 Tote. Eine steile Steintreppe führt vorbei an der Dorfkirche zum deutschen Soldatenfriedhof, der in Hanglage terrassenförmig errichtet wurde. Am oberen Ende steht ein großes Denkmal, die Inschrift lautet „Ihren tapferen gefallenen Helden / Die 50. Inf. Division“.

Dirk Backen sieht allerdings auch sofort, wie groß der Sanierungsbedarf des Steines ist, der von Bildhauer Paul Scholzen aus Düsseldorf geformt wurde: „Das Infanterie-Denkmal ist kein Einzelfall“, weiß er, „wir haben auf vielen unserer Friedhöfe einen immensen Sanierungsbedarf.“ Der Volksbund müsse in den kommenden Jahren viel Geld in die Hand nehmen, um Gedenkstätten vor dem Verfall zu schützen. Bis zu 20 Millionen Euro schätzt der Generalsekretär, der auf zusätzliche Unterstützung des Auswärtigen Amtes hofft. Schließlich pflege und erhalte der Volksbund die Kriegsgräberstätten im staatlichen Auftrag.

Sanierungsbedürftige Totenburg

Mehr als 440 Kilometer weiter westlich von Veslud, dem kleinen Bergfriedhof am Rande des Chemin des Dames, liegt die mächtige Totenburg von Mont-de-Huisnes. Wer aus dem Rund des Baus mit seinen Sarkophagen auf das grasbewachsene Dach steigt, kann die Silhouette des Mont Saint Michel sehen. Die eindrucksvolle Insel mit der mächtigen Abtei wird jährlich von 2,3 Millionen Menschen besucht, darunter viele Pilger.

Dirk Backen wird am Eingang des Mausoleums empfangen von Marc Pasquier. Er führt ihn durch die zweigeschossige Gruftanlage mit ihrem Durchmesser von 47 Metern, die knapp 12.000 Kriegstote beherbergt. Schnell werden auch die aktuellen Probleme sichtbar: Wasser ist durch das mit Gras und Erde bedeckte Dach gesickert, Feuchtigkeit hat das Mauerwerk durchzogen. Einige Bereich sind mit Flatterband gesperrt, die Gefahr für Besucher ist groß, von bröckelnden Steinen getroffen zu werden.

1,5 Millionen Euro hat der Volksbund grob für die jetzt anstehende Sanierung veranschlagt. Ob die Summe am Ende ausreiche, ist nach Meinung der Experten mehr als fraglich. „Diese Maßnahme wird uns die nächsten Jahre begleiten, wir sind aber zuversichtlich, mit Unterstützung aller die Kriegsgräberstätte Mont-de-Huisnes wieder für die kommenden Jahrzehnte ertüchtigen zu können“, sagt der Generalsekretär.

Tour durch die Normandie

Am Tag zwei seiner Inspektionsreise erwartet Dirk Backen ein sehr ehrgeiziges Programm. Er will die Friedhöfe von Marigny, Orglandes und La Cambe besuchen. Es geht über kleine und kleinste Straßen, an den Rändern erinnern Gedenksteine an die Kämpfe im Juni 1944. Nach dem D-Day am 6. Juni, der Landung der Alliierten an den nahen Stränden der Normandie, kämpften sich Amerikaner, Kanadier und Briten landeinwärts, die Wehrmacht leistete erbittert Widerstand. In Marigny, der zwischen 1950 und 1960 ausgebauten Kriegsgräberstätte, lagen zunächst deutsche und amerikanische Gefallene gemeinsam. Nach dem Krieg wurden die Amerikaner dann nach Colleville-sur-Mer umgebettet, das deutsche Gräberfeld blieb bestehen. Heute ruhen hier mehr als 11.100 deutsche Soldaten, drei Männer pflegen die Anlage. Auch hier ist der Generalsekretär ein gern gesehener Gast.

Am Grab von Friedrich Backen

In der kleinen Baracke der Gärtner, die unzählige Fotos von Bundeswehr-Pflegeeinsätzen schmücken, gibt es heißen Kaffee und Kekse zur Stärkung. Es ist die richtige Vorbereitung für den Besuch der Kriegsgräberstätte Orglandes, wo das Thermometer auf zwei Grad gefallen ist und der Regen waagerecht ins Gesicht bläst. Dirk Backen watet über den aufgeweichten Rasen bis zum Rand des Gräberfeldes und bleibt vor dem Kreuz des Obergefreiten Friedrich Backen stehen. Der Bruder seines Großvaters fiel am 18. Juni 1944, nur wenige Tage nach der alliierten Landung.

Durchnässt, aber sichtlich stolz präsentieren die Arbeiter aus Orglandes ihre Mähmaschine. „Ich habe durchgehend hoch motivierte Mitarbeiter getroffen“, resümiert der Generalsekretär, bevor er sich auf die letzte Etappe macht. Sie führt nach La Cambe.

Finale an markantem Grabhügel

La Cambe, die Kriegsgräberstätte mit dem markanten Grabhügel, dem sechs Meter hohen Tumulus, ist der meistbesuchte Friedhof des Volksbundes. Mehr als 450.000 Menschen besuchen die von Volksbund-Architekt Robert Tischler gebaute und 1961 eingeweihte Anlage, viele Touristen machen auch einen Zwischenstopp auf dem eindrucksvollen U.S.-Soldatenfriedhof in Colleville-sur-Mer oder auf dem Commonwealth-Friedhof in Bayeux. In La Cambe erlebt Dirk Backen eine Premiere: Erstmals machen die Boy und Girl Scouts, Pfadfinderinnen und Pfadfinder aus den USA und vielen anderen Ländern, Station auf dem Friedhof. Aber auch hier haben die Gärtner zuvor stolz einen Blick hinter die Kulissen ermöglicht und dabei auch an Kaffee, Kekse und Orangensaft gedacht.

Fazit nach 15 Stationen

15 Friedhöfe hat Dirk Backen am Ende besucht, unzählige Hände geschüttelt. Sein Fazit ist klar: „Wir können uns nicht immer nur mit Fotos von offiziellen Gedenkveranstaltungen bei Sonnenschein schmücken. Es sind unsere Leute, die die manchmal harte Arbeit bei Wind und Wetter auf unseren Anlagen jeden Tag in treuer Pflicht erledigen. Man muss die Probleme und Herausforderungen der Kriegsgräberfürsorge auch mal gelegentlich unten an der Basis ansehen, um zu verstehen, wie man als Generalsekretär diese Organisation in Zukunft besser leiten kann. Am Ende des Tages war es aber auch als ehrliche Anerkennung für unser Personal in Frankreich gedacht. Das sind wir diesen Frauen und Männern einfach schuldig.“

Impressionen von einem Treffen von Pfadfindern aus den USA und vielen anderen Ländern auf der Kriegsgräberstätte La Cambe finden Sie hier.
 

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Harald John Abteilungsleiter Öffentlichkeitsarbeit