Volksbund Logo Desktop Volksbund Logo Mobil
Gräbersuche Mitglied werden Jetzt spenden Spenden

Fest der deutsch-französischen Freundschaft

Volkstrauertag: Zentrale Gedenkveranstaltung im Bundestag

Die Zentrale Gedenkveranstaltung des Volksbundes zum Volkstrauertag im Plenarsaal des Deutschen Bundestag stand in diesem Jahr im Zeichen der Erinnerung an das Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren – und der deutsch-französischen Freundschaft. Das machte auch Emmanuel Macron, der charismatische Staatspräsident Frankreichs in seiner Gedenkrede deutlich. Es war ein Festakt der deutsch-französischen Freundschaft.

Das Programm des diesjährigen Volkstrauertages begann mit dem Musikstück, „Wer wird die Rosen brechen“, meisterhaft vorgetragen vom LandesJugendChor Schleswig-Holstein und dessen Chordirigentin Lea Vosgerau. Die Begrüßungsansprache hielt Volksbund-Präsident Wolfgang Schneiderhan.

Darin unterstrich er die Bedeutung der Erinnerung an den Ersten Weltkrieg, der sogenannten Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts und erhielt dabei immer wieder Zwischenapplaus aus dem Plenum: „Versöhnung heißt nicht Vergessen. Versöhnung beginnt, indem wir eigenes und anderes Versagen erkennen, Schuld bekennen und auch das Leid des anderen anerkennen. Erst dieser Dreiklang ermöglicht einen dauerhaften Frieden – mit sich selbst und mit dem Gegenüber. Alle Versuche, die dunklen Jahre unserer deutschen Geschichte zu relativieren oder gar zu verharmlosen, sind hingegen nur Wegbereiter für neue Vorurteile, neue Konflikte und neue Kriege.“

Zuversicht geben

Zugleich skizzierte er mit Blick auf die jüngsten Initiativen von Macron eine Vorstellung eines gemeinsamen Europas: „Darum Europa! hat der Volksbund über das Bild der endlosen Reihen von Kriegsgräbern geschrieben. Auch Deutschlands Zukunft kann nur über diese gemeinsame, gleichberechtigte Zusammenarbeit gelingen – dies ist meine tiefste Überzeugung. Dass wir dabei in Ihnen, Herr Staatspräsident Macron, einen wichtigen Mitstreiter haben, der mit Mut und Ideen bereit ist voranzugehen, gibt uns allen Zuversicht – und Zuversicht ist eine wichtige Energie für die Gestaltung der Zukunft.“

Im Anschluss erklang das Stück „Pavane Op. 50’’ (Gabriel Fauré), vorgetragen vom Bläseroktett des Musikkorps der Bundeswehr Siegburg und unter Leitung des Stabsfeldwebels Matthias Reißner im voll besetzten Plenarsaal des Bundestages.

Dann folgte eine eindrucksvolle Lesung der Jugendspieler des Gedenkprojektes „Fußball und Gedenken“, auf das Wolfgang Schneiderhan bereits mit Blick auf den historischen „Weihnachtsfrieden“, dem christmas truce 1914 in seiner Begrüßungsrede hingewiesen hatte. In den vergangenen Monaten hatten sie sich gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern des Kasseler Friedrichsgymnasiums und der Gelsenkirchener Berger Feld-Schule intensiv dem Kriegsschicksal ehemaliger Fußballer im Ersten Weltkrieg beschäftigt.

You’ll never walk alone!

Ihre Erkenntnisse trugen sie nun dem Publikum im Bundestag und den TV-Bildschirmen vor: „Zu Beginn des Projektes schien der Erste Weltkrieg weit weg von unserem Leben. Auf den Friedhöfen, die wir auf unseren Fahrten besuchten, sahen wir dann die Gräber tausender Soldaten. Viele waren so alt wie wir, als sie aus dem Leben gerissen wurden. (...) Die Soldatengräber lehren uns, welche Folgen aggressiver Nationalismus und Großmachtstreben, haben können und wie wichtig die Bewahrung des Friedens, der Humanität, der Demokratie und der Menschenwürde in einem Europa der Partnerschaft und Verständigung sind.“ Sie schlossen ihre Lesung mit dem Wunsch nach Frieden und dem Sinnspruch „You’ll never walk alone“, wir werden immer an eurer Seite sein.

Diesem Bericht der Jugendlichen folgte ein ebenso beeindruckendes zeitgenössisches Musikstück, „Zogen einst fünf wilde Schwäne“, vorgetragen durch Matt Redman und Patricia Hammond. Es folgte die mit Spannung erwartete Gedenkrede von Emmanuel Macron, dem Präsidenten der Französischen Republik. Der Mann, der schon in der Pariser Sorbonne mit seinen Vorschlägen zur Revitalisierung, zur Erneuerung der Europäischen Idee viele Menschen beeindruckt und beeinflusst hatte, führte seine Ideen auch im Deutschen Bundestag weiter aus:

Die treibende Kraft Europas

"Nichts verpflichtete Sie dazu, ausgerechnet in diesem Jahr den französischen Präsidenten einzuladen. Denn die deutschen Erinnerungen an den 11. November 1918, nachdem über 2 Millionen Deutsche in diesem Krieg ihr Leben gelassen hatten, sind wohl noch düsterer als die der Franzosen. Nichts verpflichtete Sie dazu. Aber Sie haben es getan. Und nun stehe ich vor Ihnen und ich sage Ihnen mit großem Respekt: In dieser Geste erkenne ich Sie wieder. Kein Volk hat seine Geschichte so aufrichtig aufgearbeitet, hat so viel daran gesetzt, die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen, wie Sie. Sie stellen mit dieser Geste wieder einmal unter Beweis, dass Sie, über die endlosen Friedhöfe hinaus, wo unsere Landsleute liegen, die den beispiellos tragischen Kriegen zum Opfer gefallen sind, beschlossen haben, die alten Konflikte zu überwinden und unermüdlich für den Frieden zu kämpfen. (...)

Nach den nach 1918 begangenen Fehlern der Nachkriegszeit haben wir 1945 gemeinsam die Kraft, Größe und Besonnenheit für die Aussöhnung gefunden. Und weil unsere beiden Nationen es vermocht haben, an ihr Wesen wieder anzuknüpfen und sich in einem wiedergefundenen Miteinander die Hände zu reichen, konnten 70 Jahre Frieden in Europa folgen. (...)

Zweihundert Jahre lang waren unsere Länder der Ausgangspunkt erbarmungsloser und ewiger Konflikte, die ein Europa mit kriegerischem Schicksal geprägt zu haben schienen. Wir haben uns entschieden, einen nachhaltigen Frieden zu schließen, und dessen Fundament dadurch gestärkt, dass wir das zusammengeführt haben, worum wir uns früher bekriegt hatten, und dann Kooperationen in allen Bereichen aufgebaut haben. Wir haben das deutsch-französische Gespann zur treibenden Kraft eines geeinten Europas gemacht (...)“

Zugleich betonte Macron aber auch zahlreiche große Herausforderungen, mit denen sich die heutige EU konfrontiert sehe: Migration, Digitalisierung, Klimawandel und vieles mehr. Um dies zu bestehen, müsse man sich auf die europäischen Werte und auch die europäische Souveränität besinnen: „Deshalb muss Europa stärker werden. Deshalb muss Europa mehr Souveränität erlangen. Denn Europa kann seiner Rolle nicht gerecht werden, wenn es selbst zum Spielball der Mächte wird, wenn es nicht mehr Verantwortung für seine Verteidigung und für seine Sicherheit übernimmt und sich auf der Weltbühne mit einer untergeordneten Rolle zufrieden gibt. 

(...) Danke, dass Sie mir erlaubt haben, daran zu erinnern, dass wir gemeinsam, dessen bin ich mir sicher, ein neues Kapitel der Geschichte Europas aufschlagen werden, auf das Europa wartet und das Europa so dringend braucht." Für diese Worte gab es im Bundestag minutenlangen Applaus.

Nun erklang das Stück, „Eine Rose blüht im Niemandsland“, vorgetragen von der Mezzosopranistin Patricia Hammond, begleitet vom Bläseroktett des Musikkorps der Bundeswehr. Das traditionelle Totengedenken sprach Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier, der zuvor gemeinsam mit Macron die Abschlussveranstaltung des „Youth for Peace“-Projektes besucht hatte.

Die Totensignale aus Deutschland (Der gute Kamerad, gespielt von Hauptfeldwebel Jan Pompino), Frankreich (Sonnerie aux morts, gespielt von Sergeant-Chef Jean-Daniel Souchon) und Großbritannien (Last Post, gespielt von Chief Technician Rob S. Scullion) sowie die Europahymne und die deutsche Nationalhymne beendeten diesen Volkstrauertag 2018 im Deutschen Bundestag, der vielen Menschen in guter Erinnerung bleiben – und sie in ihrem Wunsch nach Frieden bestärken sollte.

Maurice Bonkat