Am Ziel: Kurz vor der offiziellen Eröffnung in Ysselsteyn. (© Simone Schmid)
Lernen aus dem „Wahnsinn des Krieges“
Neues Besucherzentrum auf der Kriegsgräberstätte Ysselsteyn eröffnet
Mit einer beeindruckenden Gedenkfeier und in Anwesenheit vieler Angehöriger und Politiker ist am Wochenende das neue Besucherzentrum in Ysselsteyn (Niederlande) eröffnet worden. Auf der flächenmäßig größten deutschen Kriegsgräberstätte informiert die neue Dauerausstellung des Volksbundes über Krieg und Gewalt, besonders im Westen.
Der „Wahnsinn des Krieges“, so Ed Sweets, habe die Menschen auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Ysselsteyn zusammengebracht. Gemeinsam mit Volksbund-Generalsekretär Dirk Backen hielt der Dechant eine eindrucksvolle Ansprache. Exakt 31.813 Tote lägen auf diesem Friedhof begraben, so Dirk Backen. Und er fragte mit den Worten des Historikers Timothy Snyder: „Wer aber sind die drei Toten, die am Ende dieser Zahl auftauchen?“ Es seien diese Fragen nach Biographien und Schicksalen, die von der neuen Dauerausstellung unter anderem beantwortet würden.
Es ist eine moderne und multimediale Präsentation, die auf die Elemente des Storytelling setzt, die die Geschichte des Krieges in den Niederlanden und der Menschen im Krieg, aber auch des Besatzungsalltags anschaulich nahe bringt. Und die auch am Eröffnungswochenende junge wie alte Besucher visuell in ihren Bann schlug – eine Kostprobe bietet unser kurzes Video zur Ausstellung.
"Sag mir, wo die Blumen sind"
Musikalisch hatte die Konrad-Kosellek-Bigband die Zeremonie mit einfühlsamen Jazz-Klängen vor dem Hochkreuz im Zentrum des weitläufigen Friedhofes (28 Hektar) eröffnet. Sängerin Ellen ten Damme, über die Grenzen der Niederlande hinaus bekannt, interpretierte Pete Seegers Antikriegslied „Sag mir, wo die Blumen sind“.
Für den Volksbund erinnerte Generalsekretär Dirk Backen an die Kriegstoten – auch an jene, die „im Kriege kein Grab fanden“. 106.000 Juden, Sinti und Roma aus den Niederlanden sei eine würdige letzte Ruhestätte verwehrt worden. Sie seien oftmals in überfüllte Viehwaggons verfrachtet worden und hätten im Osten den Tod gefunden: „In unser Gebet schließen wir ihre Seelen ein.“ Dekan Ed Sweets christliche Antwort auf das „Nebeneinander von Tätern und Opfern“ auf dem Soldatenfriedhof war versöhnlich: „Wir sind die Brüder und Hüter in Gottes Namen.“ Es gelte die Nächstenliebe, schließlich verdeutliche die endlose Reihe zehntauender Kreuze das „ergreifende Ergebnis blinden Hasses“.
Stiftung finanziert Neubau
Im Anschluss an die Zeremonie eröffneten Dirk Backen und Tarcicia Voigt, Vorsitzende der Stiftung „Vrienden van Ysselsteyn“, offiziell das Zentrum, das auch von vielen Touristen in der Gemeinden Venray besucht wird. Der Stiftung ist der Neubau des Hauses zu verdanken – neben maßgeblicher Unterstützung durch das Auswärtige Amt und niederländischen Institutionen. Es beherbergt nun neben Ausstellungs- und Seminarräumen, Archiv und Forschungsstelle auch eine schicke Caféteria. Dort sagte der Deutsche Botschafter, Cyrill Nunn, in der offiziellen Feierstunde: „Oft sind es die schwierigen und komplizierten Orte, an denen man am meisten lernen kann.“
Gedenkzeichen für alle Opfergruppen
Neben dem Vertreter der Bundesrepublik waren auch Emile Roemer, Repräsentant des Königs in der Provinz Limburg, und Jan Jenneskens, Ratsherr der Gemeinde Venray, gekommen. In dieser Runde betonte Dirk Backen die ausgezeichnete Zusammenarbeit deutscher und niederländischer Partner: „Durch unsere Kooperation setzen wir hier wichtige Impulse für die Friedensarbeit.“
Der Generalsekretär kündigte einen Wettbewerb an, um an zentraler Stelle des Friedhofes mit einem neuen Gedenkzeichen künftig nicht nur der deutschen Soldaten, sondern aller Opfergruppen zu gedenken. Dies geschehe in enger Absprache mit der Jüdischen Gemeinde, der Stiftung und der Deutschen Botschaft. Damit, so der Generalsekretär, werde künftig noch mehr Aufmerksamkeit auf die Versöhnungsarbeit gelenkt, die man in Ysselsteyn verrichte.
Tagung zu Jugend- und Bildungsarbeit
Am Wochenende der Eröffnung tagte der „Bundesausschuss für Jugend- und Bildungsarbeit“ (BJB). Dass er in Ysselsteyn zusammenkam, hatte zwei Gründe: Der Ausschuss besteht seit 60 Jahren, die Jugendbegegnungsstätte Ysselsteyn gibt es seit 40 Jahren. Eine Erklärung zum Krieg in der Ukraine ist unter anderem das Ergebnis. Hier ein Bericht zum Treffen.