Volksbund Logo Desktop Volksbund Logo Mobil
Gräbersuche Mitglied werden Jetzt spenden Spenden

Neue Strategie für Exhumierungen: Regional statt punktuell

Umbettungsdienst des Volksbundes konzentriert sich auf geographisch eng begrenzte Gebiete – Beispiel Serbien

Es ist eine Herkules-Aufgabe, aber sie hat System: Drei Männer treffen sich in  Serbien, um Archive zu durchforsten. Gibt es dort Informationen über Grablagen? Allein für den allerersten groben Überblick brauchen sie zu dritt bis zu drei Stunden pro Archiv. Dahinter steht eine neue Strategie des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge für Umbettungsdienst und Gräbernachweis.

 

Seit 2022 ist Serbien ein Schwerpunkt – erst im Vorjahr war das Kriegsgräberabkommen geschlossen worden. Zum Trio gehören Robert Zaka, der das Referat Gräbernachweis leitet, Oleg Voronov als Umbetter und der Historiker Dr. Christian Schölzel. Ihn hat der Volksbund für diesen Schwerpunkt mit der Recherche in Serbien beauftragt.
 

Rückkehr in die Archive

Christian Schölzel wird später in die staatlichen, regionalen und lokalen Archive zurückkehren. Dort wird er möglichst alle in Frage kommenden Dokumente sichten und sie – soweit erlaubt – digitalisieren. Auch Kirchenbücher gehören zu den Quellen.

Mit derselben Akribie wertet das Referat Gräbernachweis die eigenen Unterlagen aus. Außerdem werden in Zusammenarbeit mit der Abteilung „Personenbezogene Auskünfte“ im Bundesarchiv Berlin Bestände für das Projekt erschlossen. Diese Abteilung ist aus der Deutschen Dienststelle, ehemals Wehrmachts-Auskunftsstelle, hervorgegangen.
 

Kleine statt große Grablagen

Regional statt punktuell – so lässt sich die neue Strategie zusammenfassen. Der Grund: Nachdem die meisten großen Grablagen in Osteuropa gefunden sind, bleiben jetzt noch viele kleinere in den Ländern, die einst jenseits des Eisernen Vorhangs lagen.

Darum bildet der Volksbund seit 2021 Schwerpunktregionen. „Ziel ist es, dem Umbettungsdienst möglichst alle greifbaren Grablageinformationen zu allen Gruppen deutscher Kriegstoter in einem geographisch eng begrenzten Gebiet zur Verfügung zu stellen, bevor er die Genehmigungen für Sondierung und Ausbettung beantragt“, erklärt Arne Schrader, Leiter der Abteilung Kriegsgräberdienst.
 

Ganzes Paket geschnürt

Ein ganzes Paket soll also geschnürt sein, bevor die Suche nach Kriegstoten aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg beginnt. In einer Region nach der anderen will der Volksbund so in den kommenden Jahren systematisch nach allen suchen, von denen er aufgrund der derzeitigen Aktenlage Kenntnis hat. Das Ziel: so viele Tote wie möglich bergen und identifizieren, ihnen würdige und dauerhafte Gräber geben und die Angehörigen informieren.

Teil des Pakets sind Informationen aus dem Bundesarchiv – vor allem das, was die deutschen Gräberoffiziere dokumentiert haben: Grab- und Todesmeldungen, Belegungslisten von Friedhöfen, Pläne.
 

Bestand „Krankenbuchlager“

Neu ausgewertet wird dort etwa der Bestand „Krankenbuchlager“ aus dem Ersten Weltkrieg. Diese Erkenntnisse fließen ebenfalls mit ein. Zum Paket gehören auch die Informationen aus den eigenen Beständen in der Bundesgeschäftsstelle des Volksbundes in Niestetal, in Jahrzehnten zusammengetragen.

Sie stammen von Heimkehrern, Angehörigen, Ortsansässigen, von Pfarrämtern, Rot-Kreuz-Gesellschaften und anderen Institutionen – mündlich oder schriftlich weitergegeben oder in Dokumenten bis hin zu Feldpostbriefen. Auch Hinweise zu Opfern von Flucht und Vertreibung gehören dazu.

 

Zwei Reisen zur Dokumentation

Dasselbe gilt für „Reiseberichte“ der besonderen Art, die der Volksbund nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg in Auftrag gegeben hatte: Zwei Mal hatte er einen Mitarbeiter unter anderem auf  den südlichen Balkan geschickt, um alle damals bekannten Friedhöfe zu verzeichnen.

„Zu Friedhöfen des Ersten Weltkriegs sind das nahezu die einzigen Unterlagen, die wir noch haben“, sagt Arne Schrader. „Fast alle anderen sind bei einem Luftangriff auf Berlin im Zweiten Weltkrieg vernichtet worden.“ Auch deshalb würden diese Bestände erneut gesichtet, um alles zu erfassen, was irgendwie greifbar ist.
 

Neue Hinweise heute noch

Noch immer kommen Hinweise dazu: Menschen melden sich, die auf privaten oder Dienstreisen mit Einheimischen ins Gespräch gekommen sind und von Gräbern erfahren haben. Oder: Hochbetagte wollen ihr Wissen um ein dunkles Geheimnis nicht mit ins Grab nehmen und geben Informationen zu Todesfällen und Orten der Bestattung weiter. All diese Unterlagen und Hinweise werden jetzt auch für Serbien aufbereitet.

Die Vojvodina, heute eine autonome Provinz, ist ein „Schwerpunkt im Schwerpunkt“. Bis Herbst 2023 soll das Paket für die Umbetter für 2024 geschnürt sein. „Dort ist die lokale Datenlage ziemlich gut“, sagt Robert Zaka. Die Recherche – begonnen 2022 – geht voran.

(Dieser Artikel ist auch in der Arbeitsbilanz 2022 zu finden.)

Unterstützen Sie uns!

Wenn die Sondierungen nach neuer Strategie in Serbien beginnen, hat der Volksbund einen Meilenstein erreicht: Eine Million Tote des Ersten und Zweiten Weltkrieges sollen bis zum Herbst 2023 ausgebettet sein. Das verbinden wir mit dem Ziel, eine Million Euro an Spenden einzuwerben. Unterstützen Sie uns bei dieser Arbeit, damit wir sie engagiert fortsetzen können – in Serbien und an vielen anderen Orten!