Volksbund Logo Desktop Volksbund Logo Mobil
Gräbersuche Mitglied werden Jetzt spenden Spenden

Riga-Bikernieki: Pflegeeinsatz vor hohem Besuch

Ü-30-Freiwillige arbeiteten zwei Wochen auf der Gräber- und Gedenkstätte im Vorfeld der Gedenkstunde mit Boris Pistorius und Wolfgang Schneiderhan

Volksbund in Riga im September 2023: Bevor Präsident Wolfgang Schneiderhan mit Verteidigungsminister Boris Pistorius Kränze für die Holocaust-Opfer in Bikernieki niederlegten, kam eine Gruppe Freiwilliger an denselben Ort. Auf der Gräber- und Gedenkstätte fand der letzte dieser Ü-30-Arbeitseinsätze statt. Drei waren es in diesem Jahr statt. Teilnehmerin Jessica Burkhardt berichtet.
 

Am Rande der Hauptstadt liegt in einem Waldstück die Gräber- und Gedenkstätte. Schätzungsweise 35.000 bis 40.000 Menschen wurden im Zweiten Weltkrieg im Hochwald von Riga ermordet. Unter den Opfern waren jüdische Familien, politische Häftlinge und sowjetische Kriegsgefangene. Zwei Wochen lang erledigte das 16-köpfige Workcamp- samt Unterstützungsteam Instandsetzungs-, Renovierungs- und Pflegearbeiten.

 

Treffen mit dem Architekten

Mit einem Reisebus der Bundeswehr war die Gruppe in Frankfurt/Oder gestartet. Er brachte sie auch jeweils zum Wald von Bikernieki, wo sie am ersten Tag den Architekten Sergej Ryzh traf. Nach seinen Plänen war die Gräber- und Gedenkstätte bis 2001entstanden.

Er berichtete vom langen, mühsamen Weg und mehrfachen Rückschlägen, bis sich unter Federführung des Volksbundes zusammen mit einer lettischen Partnerorganisation, der Rigaer Stadtverwaltung und dem Riga-Komitee ein würdiger Gedenkort für die Deportierten und Ermordeten realisieren ließ.

Reparatur, Pflege und Vorsorge

55 mit Kantensteinen eingefasste Massengräber gibt es in dem weitläufigen Gebiet. Die Pfade zwischen ihnen säumen Betonstelen, die mit Davidstern, Kreuz und Dornenkrone die verschiedenen Opfergruppen symbolisieren. Sie wurden wiederholt Ziele von Vandalismus. Um künftig Schmierereien einfacher und schneller entfernen zu können, reinigten die Freiwillige die Stelen und strichen sie mit Spezialfarbe.

Das Zentrum der Gedenkstätte liegt in einer Mulde. 5.000 grob behauene Steine aus ukrainischem Granit stehen dicht an dicht und erinnern an Tausende Menschen, die hier in den Tod gehen mussten. Dort Unkraut zu entfernen, war eine Herausforderung. Bei gut zwei Dutzend Steinen war die Verankerung aufgefroren. Beton gibt ihnen jetzt wieder Halt. Mähen, Büsche schneiden, Wildwuchs mit der Motorsense entfernen, Bänke sanieren – auch das gehörte zu den Aufgaben.

Arbeitsaufträge mit Niveau

Die Massengräber liegen auf unterschiedlichen Höhen, die mit Treppen verbunden sind. Mit von Forstarbeiten übrig gebliebenen Rundhölzern aus dem Wald wurden sie erneuert. Auch die Stützmauer, die die stilisierte Kapelle einfasst, wurde saniert.

Für den Besuch des Verteidigungsministers bereitete die Gruppe Eingang und Wege vor, jätete und fegte.

Umbetter-Fahrzeug im Einsatz

Der Bus, der auch Material und Gerät transportierte, musste am Waldrand halten, doch alles an Ort und Stelle tragen, brauchten die Freiwilligen nicht: Gute Dienste leistete hier das Umbetter-Fahrzeug, das die Eva Mayr-Stiehl-Stiftung dem Volksbund geschenkt hatte – ein VW Rockton.

Die Verpflegung übernahm das Küchenteam der Bundeswehr. Ein lettisches Unterstützungsteam sorgte für saubere Toiletten, Handwaschmöglichkeiten, Stromaggregat und Wassertank.
 

Geschichte und mehr bei Ausflügen

Exkursionen zum Kennenlernen von Land, Leuten und historischen Zusammenhängen gehörten auch zum Programm. Die Gruppe unternahm eine Stadtführung durch die Rigaer Altstadt, eine Fahrt entlang des Flusses Düna (lettisch: Daugava) zu einem Landschaftspark und eine Fahrt mit einem Ausflugsschiff zur Burgruine Kokenhausen (lettisch: Kokneses pils).

Gedenkveranstaltung mit Botschaftern

Bei der abschließenden Gedenkveranstaltung gab es – anders als bei Gedenkstunden auf Soldatenfriedhöfen – weder Nationalflaggen noch Musik. Der Fokus lag auf Wortbeiträgen. Es sprachen der Volksbund-Teamleiter Bodo Henze, der deutsche Botschafter Christian Heldt, ein Vertreter der israelischen Botschaft in Riga, der Stadtverwaltung und der jüdischen Gemeinde.

Es war ein besonderer Arbeitseinsatz an besonderem Ort. In der Gewissheit, die Herausforderungen gut gemeistert zu haben, verbrachte die Gruppe den letzten Tag im nahen Ostseebad Jurmala.

Text: Jessica Purkhardt


Einen Bericht vom Besuch Wolfgang Schneiderhans in Lettland und Litauen im September finden Sie hier: Von Riga bis Vilnius: Stationen einer Reise durchs Baltikum.