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„Gesicht und Hand des Volksbundes in Israel“

Volksbund ehrt Dr. Norbert Schwake für außerordentliche Verdienste um die deutsche Kriegsgräberstätte Nazareth

Gute Nachrichten aus dem Nahen Osten sind selten geworden. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. bietet eine an: Dr. Norbert Schwake aus Nazareth erhielt das Goldenen Ehrenkreuz für seine umfassenden Verdienste um die einzige deutsche Kriegsgräberstätte im Heiligen Land. Dort sind 217 Tote des Ersten Weltkrieges begraben.
 

Dr. Andreas Wulf, Abteilungsleiter für Kriegsgräberstätten im Volksbund, verlieh die Auszeichnung an Norbert Schwake für seine langjährige und hervorragende Betreuung der Anlage. „Sie waren über mehr als 20 Jahre das Gesicht und die Hand des Volksbundes in Israel“, betonte Wulf in seiner Laudatio. Als Friedhofsverwalter hat Schwake das Amt kürzlich an einen seiner Söhne weitergegeben.
 

Von Abrechnung bis Besucherbetreuung

Die Bandbreite der Tätigkeiten auf der Kriegsgräberstätte in Nazareth ist groß: Die Führung des gärtnerischen Personals und die Begleitung der Besucherinnen und Besucher, das Verhandeln mit Behörden und die Abrechnung von Löhnen und Betriebskosten, aber auch die Planung und Betreuung von Veranstaltungen wie des jährlichen Volkstrauertages gehören dazu. Schwake lässt es sich auch nicht nehmen, mit anzufassen, wenn es nötig ist.

Militärattaché Kapitän zur See, Volker Gelhausen, steckte ihm in der Botschaft in Tel Aviv das Goldene Ehrenkreuz ans Revers. Es ist die höchste Auszeichnung des Volksbundes, die an Personen für außerordentliche Tätigkeiten über einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren vergeben wird.
 

Wer sind die Männer, die dort liegen?

Norbert Schwake pflegt nicht nur seit Jahrzehnten den Friedhof in Nazareth, er hat auch die Biographien der dort Bestatteten akribisch recherchiert. 217 deutsche Soldaten sind dort begraben. Von vielen war nur der Todesort bekannt. Dass jetzt Namen und teilweise auch Biographien bekannt sind, ist Norbert Schwake zu verdanken.

Die Akten über die Soldaten des Ersten Weltkrieges, die in Spandau bei Berlin gelagert waren, verbrannten im Frühjahr 1945. Nur im Bayrischen Archiv in München überstanden Dokumente den Zweiten Weltkrieg. Das macht die Antworten auf diese Fragen schwer: Wer waren die Männer? Was hat sie hierhergeführt?
 

Kirchen- und Krankenbücher

Schwake ließ diese Fragen nicht los. Er recherchierte in Kirchenbüchern in Jerusalem, in Krankenbüchern der Feldlazarette, die damals im Krankenbuchlager in Berlin aufbewahrt wurden. Sie waren die Hauptquelle für die Identifizierung der gefallenen Soldaten. Heute sind die Krankenbücher im Bundesarchiv erfasst.

Schwake suchte nach Informationen im israelischen Staatsarchiv, im Bayerischen Staatsarchiv in der Abteilung Kriegsarchiv und im Archiv des Auswärtigen Amtes. Auch die Akten der Kriegsgefangenen, die viele Jahre vom Internationalen Roten Kreuz in Genf aufbewahrt und erst im Jahr 2000 im Internet zugänglich gemacht wurden, waren eine wichtige Quelle. Wertvolle Hilfe erhielt er von israelischen Geographen und Historikern. So gelang es ihm, die Namen auf den Gräbern mit Gesichtern zu verbinden.
 

„Auge und Ohr im Nahen Osten”

Daniela Lehmann, Referatsleiterin Bau beim Volksbund, kennt Norbert Schwake gut. „Er ist nicht nur Auge und Ohr für den Volksbund im Nahen Osten, er kann über jeden dort Bestatteten eine Geschichte erzählen. In dieses Ehrenamt floss viel Herzblut. Ich erinnere mich gerne an eine Dienstreise 2017, wo er mir auch Land und Leute und die besondere Situation Israels nähergebracht hat. Ich bin sehr erleichtert, dass nun ein Sohn von Norbert Schwake diese wichtige Aufgabe weiterführt“, sagt sie.
 

Vom Priesterseminar zum Militärarzt

In Norbert Schwakes Biographie spiegelt sich die wechselvolle Geschichte Israels. Geboren 1939 in Deutschland, studierte er katholische Theologie und lebte im Priesterseminar. Ab 1971 studierte er Medizin. Den Friedhof lernte er schon 1961 kennen, als er nach Israel kam und die ersten Tage im Hospital der Barmherzigen Brüder in Nazareth übernachtete. Doch da hatte er kein Interesse daran. „Damals fand ich, dass dieser Friedhof das letzte war, was mich in Israel interessieren sollte“, erinnert er sich.

1978 absolvierte er sein Praktikumsjahr im Hadassa-Hospital auf dem Skopusberg in Jerusalem. Dort lernte er eine junge Medizinerin, eine arabische Christin, kennen und lieben. Durch die Heirat mit ihr wurde er israelischer Staatsbürger.   Schwake diente vier Jahre lang im Reservedienst – als Arzt für libanesische Patienten im Südlibanon.
 

Vater begrüßte alte Kameraden …

Schwake spricht deutsch und englisch, hebräisch und arabisch. 1986 ging er als Arzt ans Krankenhaus in Nazareth und blickte von seinem Arbeitszimmer direkt auf den Friedhof. Doch erst als er gemeinsam mit seinem 94-jährigen Vater, der im Ersten Weltkrieg als Freiwilliger gekämpft hatte, den Friedhof besuchte, erkannte er die besondere Bedeutung.

„Mein Vater begrüßte seine alten Kameraden wie einer, der sich entschuldigte, dass er noch lebte“, stellte Schwake fest. 2001 bat der Volksbund ihn, die Verantwortung für den Soldatenfriedhof in Nazareth zu übernehmen. Das war eine Selbstverständlichkeit, eine Ehrensache für ihn.

Gegen Vertreibung der Bevölkerung

Die Palästinafront war im Ersten Weltkrieg eher ein Nebenschauplatz. 16.000 Soldaten des Kaiserreichs sollten die Osmanischen Truppen beim Kampf gegen die Briten unterstützen. Dabei waren sie nur mäßig erfolgreich und auch die fünf Fliegerstaffeln konnte mit ihren Doppeldeckern wenig gegen die Briten ausrichten.

Schwake kann viele interessante Geschichten über die deutschen Soldaten erzählen, die auch die Annehmlichkeiten des Landes schätzten – die schönen Strände, die Südfrüchte oder die Gastfreundschaft der Kibbuzniks.
 

Widerstand „ausnahmsweise sehr mutig“

Doch eine Sache ist Schwake – neben der Freude an den Anekdoten – sehr wichtig: Als die deutschen Soldaten erkannten, dass die osmanischen Soldaten für die jüdische Bevölkerung dasselbe planten, was die Armenier erlitten, regte sich ihr Widerstand.

Der deutsche Kommandant Kreß von Kressenstein war 1915 Zeuge der grausamen Deportationen der armenischen Bevölkerung durch die Türken geworden und setzte sich gegen die geplante Deportation von Juden und Christen aus Jerusalem ein. Die deutschen Diplomaten und die deutschen Militärs stemmten sich gegen die Vertreibung der Juden aus Jaffa und zwar „ausnahmsweise sehr mutig“, wie Schwake betont. Der Prozentsatz der jüdischen Soldaten an der Sinaifront war durchschnittlich deutlich höher als in der kaiserlichen Armee.
 

Deutsches Heidekraut in der Wüste

1932 lebten in Palästina 2.500 Deutsche und 5.000 reichsdeutsche Juden. Das Gelände für den Soldatenfriedhof in Nazareth pachteten die Briten für 999 Jahre. Die Bauerlaubnis erhielt der Deutsche Generalkonsul am 11. August 1934 von der Stadt Nazareth. Über die Schwierigkeiten beim Bau der Kriegsgräberstätte gäbe es viel zu berichten. Robert Tischler, der damalige Hausarchitekt des Volksbund, setzte sich mit dem für ihn typischen Stil durch. Das Heidekraut allerdings, das aus Deutschland für den Friedhof verschifft wurde, vertrug die Wüstenhitze nicht und verdorrte.

Ein Telegramm von Adolf Hitler

Die Frage, ob der Friedhof eben an diesem Ort gebaut werden sollte, wurde von den Palästinadeutschen leidenschaftlich diskutiert, denn er lag er in unmittelbarer Nähe des österreichischen katholischen Hospitals. Der Volksbund dagegen debattierte über die Anordnung der Namen der Toten auf den Gedenktafeln. Schwierig war auch die Einweihung der Glocke – weltweit die einzige Glocke auf einem Soldatenfriedhof. Anfangs wollte der lateinische Patriarch sie nicht weihen. Schließlich wurde sie doch geweiht und im Januar 1935 konnten die Toten auf der Kriegsgräberstätte eingebettet werden.

Am 30. Juni 1935 wurde der Friedhof eingeweiht – mit einer „Weiherede“ von Volksbund-Bundesführer Emmo Eulen und einem Einmarsch der palästinadeutschen Hitlerjugend. Adolf Hitler schickte ein Gruß-Telegramm nach Palästina und Eulen ließ es sich nicht nehmen, ihm anschließend begeistert über die Einweihung zu schreiben.
 

Wie ein versteckter Garten

Heute hat die Kriegsgräberstätte Nazareth wieder die Anmutung eines versteckten Gartens. Doch im Gegensatz zum Hortus conclusus ist jeder Interessierte herzlich eingeladen, seine Geheimnisse zu entdecken. Danke, Norbert Schwake.

Nachtrag: Norbert Schwake ist nicht der Mensch, der sich mit Auszeichnungen dekoriert (den Bundesverdienstorden erhielt er bereits 2021) zur Ruhe setzt. Nun recherchiert er mit Hilfe von Rote-Kreuz-Listen die Namen derer, die auf dem Friedhof in Kairo ruhen … 
 

Lesenswert: Norbert Schwake: Deutsche Soldatengräber in Israel. Der Einsatz deutscher Soldaten an der Palästinafront im Ersten Weltkrieg und das Schicksal ihrer Grabstätten.

Aschendorf Verlag, Münster 2008.

 

Der Volksbund ist ...

... ein gemeinnütziger Verein, der im Auftrag der Bundesregierung im Ausland Kriegstote sucht und birgt, sie würdig bestattet und ihre Gräber pflegt. Daraus leitet er einen Bildungsauftrag ab. Weil er seine Arbeit überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert, ist er dringend auf Unterstützung angewiesen. Danke, dass Sie uns helfen!

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