Suche-Umbettung-Identifizierung
Suche-Umbettung-Identifizierung
Der Prozess der Suche, Umbettung, Identifizierung bis zur würdigen Beisetzung
Über die Zusammenarbeit von Umbettungsdienst, Gräbernachweis und Bundesarchiv
Der Umbettungsdienst benötigt genaue Angaben über die Grablagen, um die oberirdisch zumeist nicht mehr erkennbaren Ursprungsgrablagen zu finden. Die Mitarbeiter des Gräbernachweises stellen diese Informationen aus den verfügbaren Archivinformationen zusammen und bereiten sie auf. Es handelt sich um Aufzeichnungen, die in den meisten Fällen von den Gräberoffizieren der Wehrmacht angefertigt wurden, also Listen, Karteikarten oder Zeichnungen, aus denen hervorgeht, wo und in welcher Reihenfolge die Toten seinerzeit bestattet wurden.
Diese Informationen werden für die jeweiligen Umbettungsbereiche in Form von Grablagelisten aus der Gräberdatenbank bereitgestellt, der zugehörige bereichsbezogene Schriftwechsel ausgewertet und zusammen mit Kartenmaterial (Landkarten, alte Grablageskizzen, etc.) zur Verfügung gestellt. Vielfach ermitteln auch die Gruppenleiter des Umbettungsdienstes im Einsatzland Grablageinformationen in lokalen Archiven, die dann mit den vorhandenen Archivbeständen aus Deutschland abgeglichen werden. Die Überlieferung von Zeitzeugeninformationen nimmt naturgemäß mit den Jahren ab. In den letzten Jahren wird verstärkt die Auswertung historischer Luftbilder und externer genealogischer Datenbanken vorgenommen, um zusätzliche Informationen zu generieren.
Durchführung der Umbettungen
Nach der Erfassung der Grablagen vor Ort, die die Befragung von Zeitzeugen/ Ortskundigen und die Versuche der Lokalisierung des Geländes umfasst, wird entschieden, ob Grabungen möglich sind. Des Öfteren ist dies leider nicht mehr der Fall, insbesondere wenn bereits eine Bebauung erfolgte. Konnte das Gelände jedoch erfolgreich sondiert werden (physische Bestätigung des tatsächlichen Vorhandenseins einer erfassten Grablage), so können die Mitarbeiter des Umbettungsdienstes mit der Ausbettung der Gebeine beginnen. Die Ergebnisse ihrer Arbeit notieren sie vor Ort mit äußerster Präzision. In Protokollen wird jede Einzelheit sorgfältig festgehalten: das anhand des Knochenzustandes geschätzte Alter zum Zeitpunkt des Todes, Größe, Hinweise auf Verletzungen, gefundene Erkennungsmarken und persönliche Gegenstände. Manchmal werden auch sogenannte Grabzettel mit den Personalien der Toten gefunden. Die Gebeine werden bis zur Wiederbestattung – zumeist im Spätherbst des gleichen Jahres – an sicherer Stelle aufbewahrt.
Bearbeitung der Umbettungsprotokolle im Gräbernachweis
Nach Abschluss der jeweiligen „Umbettungssaison“ von April bis Dezember übergeben die Umbetter ihre Aufzeichnungen und Unterlagen dem Gräbernachweis in Kassel. Anhand der Umbettungsprotokolle und der Ausbettungsberichte identifiziert dieser dann in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv die Kriegstoten. Zunächst ist zu prüfen, ob die Dokumentation den Ansprüchen genügt:
- Vollständigkeit der Unterlagen (Protokolle, Ausbettungsbericht, Ausbettungsplan, Nachlass und Nachlassliste).
- Stimmigkeit der Unterlagen: Sie müssen sich sämtlich auf denselben Ausbettungsort beziehen. Sie haben umfassend zu sein in dem Sinne, dass sich der Ausbettungsvorgang plausibel in den Unterlagen spiegelt und die wesentlichen Erkenntnisse vor Ort dargelegt werden.
- Stimmigkeit des Nachlasses: Erkennungsmarken, persönliche Gegenstände etc. und der Zuordnung des Nachlasses zu den einzelnen Toten
- Stimmigkeit der Umbettungsnummern auf Aus- und Einbettungsplan (korrekte Einbettung der Geborgenen unter der korrekten Nummer im vorgesehenen Grab).
Die Mitarbeiter des Gräbernachweises vergleichen nun die Umbettungsprotokolle und Ausbettungsskizzen mit altem Kartenmaterial und Beleglisten der Friedhöfe, die die Truppenteile – zumindest in den ersten Kriegsjahren – angefertigt hatte. Außerdem ziehen sie ggf. vorhandene historische Fotos der Grabbeschriftungen, vorhandene Hinweise auf die Todesursache, Übereinstimmungen mit den Daten anderer Gefallener (zum Beispiel der Truppenzugehörigkeit und vieles mehr) heran, um eine eindeutige Identifizierung zu ermöglichen. Das Wichtigste ist, so viele Informationen wie möglich einzubeziehen und abzusichern, denn letztlich geht es darum, den Toten ihre Namen wiederzugeben und die Angehörigen endlich zu informieren. Im ersten Abschnitt werden also die Umbettungs-protokolle und die dazugehörigen Umbettungsunterlagen überprüft, mit den in der Zentralgräberkartei vorhandenen Angaben verglichen und die ersten Identifizierungen mittels der Angaben über die ursprüngliche Lage des Grabes und der aufgefundenen Erkennungsmarken erreicht. Leider kommt es häufig vor, dass alte Friedhöfe oder Teile davon vom Umbettungsdienst nicht sondiert werden konnten, weil sie überbaut sind, neue Gräber darüber angelegt wurden oder dort aus anderen Gründen nicht gesucht werden kann. Die dort ruhenden Toten werden in einem solchen Fall dennoch dokumentiert und später namentlich in Gedenkbüchern oder auf Tafeln verzeichnet.
Prüfung der Protokolle im Bundesarchiv
Da das Bundesarchiv als amtlicher Gräbernachweis jeden einzelnen Fall zu prüfen und zu bestätigen, ggf. auch noch die Entschlüsselung gefundener Erkennungsmarken vorzunehmen und Kriegssterbefallanzeigen zu erstatten hat, werden die Unterlagen dorthin übermittelt. Es fügt aufgrund der dortigen Unterlagen (Wehrmachtsverlustmeldungen) weitere Ergänzungen und aufgrund von Erkennungsmarkenentschlüsselungen (Erkennungsmarkenverzeichnisse der Truppe) weitere Identifizierungsergebnisse hinzu. Nach Abschluss der Arbeiten stellt das Bundesarchiv eine nach der Grablage oder der Umbettungsnummer geordnete Liste auf und übersendet diese an den Volksbund. Diese so genannte EDD-Liste, die in einem Anhang Erläuterungen, Zusätze und Hinweise aus den Truppenverlustunterlagen enthält, bildet die weitere Arbeitsgrundlage für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Gräbernachweises in Kassel.
Nachidentifizierungen Protokollbearbeitung Gräbernachweis
Bestätigungsvermerke, Änderungen und Ergänzungen werden anschließend in das Gräberinformationssystem eingearbeitet. Bei den noch nicht übernommenen Toten (offene Fälle) wird nun ein letzter Identifizierungsversuch aufgrund der Reihenfolge der Bestattungen, der Altersstruktur etc. unternommen. Bringen auch diese Bemühungen keinen Erfolg, so wird der Tote als „Unter den Unbekannten ruhend“ erfasst.
Benachrichtigung der Angehörigen durch die Abteilung Service und Kooperation
Die erreichbaren Angehörigen aller Kriegsopfer, deren Tod aufgrund der amtlichen Stellungnahme des Bundesarchivs feststeht und deren Grab durch den Umbettungsdienst oder durch die beiden Identifizierungsvorgänge ermittelt wurde, erhalten nun eine Nachricht über die erfolgte Umbettung.
Nach Jahren der Ungewissheit klärt sich für die Angehörigen dann endlich das Schicksal eines Menschen, der ihnen nahe stand, endlich haben sie einen konkreten Ort der Trauer und Erinnerung. Häufig ist die Benachrichtigung mit einer weiteren Suchaktion verbunden, diesmal nach der aktuellen Adresse eines Verwandten oder den Nachkommen derer, die vor langen Jahren die Suche nach einem Familienmitglied begonnen hatten. Heute sind noch immer Hunderttausende Schicksale deutscher Soldaten ungeklärt. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge erhält täglich rund einhundert Anfragen nach den Schicksalen und den Gräbern deutscher Kriegstoter beider Weltkriege. Sie sind verknüpft mit der Hoffnung auf eine erlösende Nachricht und erinnern stets aufs Neue an den Leitsatz in der Präambel der Volksbundsatzung – das Bestreben, das Leid der Hinterbliebenen zu lindern.
Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist die Arbeit des Umbettungsdienstes und des Gräbernachweises auch heute noch und bis auf lange Zeit unverzichtbares Kernelement des Wirkens des Volksbundes.