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8. Mai: Stilles Gedenken in schwierigen Zeiten

Volksbund setzt Zeichen mit Partnern – Ukraine-Krieg im Zentrum der Veranstaltungen

Der 8. Mai ist traditionell der Tag, an dem Sieger wie Besiegte des Kriegsendes 1945 gedenken. Doch in diesem Jahr ist alles anders: Wie den Sieg über das nationalsozialistische Deutschland vor 77 Jahren begehen, wenn im Osten Europas ein neuer, blutiger Konflikt tobt? Der Volksbund gedachte am Sonntag traditionell aller Opfer von Krieg und Gewalt – in diesem Jahr allerdings mit besonderer Berücksichtigung der zivilen und militärischen Opfer des russischen Angriffskrieges in der Ukraine.
 

Zwölf Blumenkränze reihten sich vor der Figur der „Trauernden Mutter” am Sowjetischen Ehrenmal in Pankow auf. Etwas versteckt dahinter waren die Kränze der belarussischen Botschaft, der russischen Botschaft, der DKP Berlin und des „Russischen Hauses der Wissenschaft und Kultur“ aufgereiht. Es ist ein schwieriges Gedenken in einer schwierigen Zeit. Der Jahrestag des Sieges der Alliierten über das nationalsozialistische Deutschland fällt 2022 in eine Zeit, in der in Europa – nur knapp zwei Flugstunden von Berlin entfernt – Krieg herrscht.
 

Polit-Prominenz am Ehrenmal in Pankow

An diesem sonnigen Sonntag wurde die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey begleitet von Matthias Lüttenberg (Beauftragter der Bundesregierung für humanitäre Hilfe), Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, Pankows Bezirksbürgermeister Sören Benn und Berlins Kultursenator Klaus Lederer. Zum Ehrenmal auf der Schönholzer Heide kamen aber auch zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen des Berliner Abgeordnetenhauses.

Wie gedenkt man der Opfer der Kriege in Zeiten eines neuen Krieges? Kann es trotzdem Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit Russland geben? Wie geht der Volksbund, der so viele Kriegsgräberstätten in der Russischen Föderation, in der Ukraine und in Weißrussland pflegt, mit der schwierigen Situation um?
 

Schneiderhan: „Der Pfad ist verbaut“

Auf diese Fragen hatte Volksbund-Präsident Wolfgang Schneiderhan Antworten: „Wir sind dankbar, dass wir noch dort arbeiten können, und wir müssen mit der Kriegsgräberpflege in Russland und Belarus weitermachen. Das sind wir den Angehörigen schuldig. Aber die Arbeit in der Ukraine ist zu gefährlich, das mussten wir stoppen.“

Auf die Frage, ob die Arbeitsbeziehungen wieder aufgenommen werden können, antwortete der Volksbund-Präsident: „Im Moment ist der Pfad verbaut. Aber wir hoffen, dass wir ihn irgendwann wieder gehen können. Jeder neue Weg wird allerdings wieder auf einer Kriegsgräberstätte beginnen.“
 

Blau-gelbe Flaggen im Tiergarten

Auch wenn die Berliner Senatsverwaltung das Zeigen ukrainischer und russischer Nationalflaggen am 8. Mai im öffentlichen Raum untersagt hatte: Die Farben Blau und Gelb waren rund um das Sowjetische Ehrenmal im Tiergarten unübersehbar. Ein massives Polizeiaufgebot an der gesperrten Straße des 17. Juni sollte Zusammenstöße zwischen den verschiedenen Lagern verhindern.

Dennoch gab es beim Auftritt des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk Pfiffe. Nach der Gedenkveranstaltung mit Hunderten Besuchern entrollten Sympathisanten eine überdimensionale Ukraine-Flagge, die die Berliner Polizei wieder einrollte.
 

Kranz in Farben der Ukraine

Wolfgang Schneiderhan legte für den Volksbund einen Kranz mit blauen und gelben Gerbera nieder. Botschafter Melnyk dankte für sein Kommen. Am Rande begrüßte der Volksbund-Präsident auch den niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius (SPD) und sprach mit Vertretern der Zivilgesellschaft und der Berliner Landespolitik.

Neue Wache und Ukrainische Botschaft

Schon am Morgen hatten Volksbund-Präsident Wolfgang Schneiderhan und Generalsekretär Dirk Backen die Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft besucht. In der „Neuen Wache” hatten beide vor der Pieta „Mutter mit totem Sohn” von Käthe Kollwitz still einen Kranz niedergelegt und an die Opfer aller Kriege erinnert.

Erste Station des Tages war die Botschaft der Ukraine in der Albrechtstraße gewesen. Auch dort hatten Präsident und Generalsekretär einen Kranz niedergelegt und damit der Opfer des russischen Angriffskrieges gedacht. Büroleiter Argan Gasparian hatte die Volksbund-Delegation begrüßt und herzlich für Kommen und Anteilnahme gedankt.

Abschluss auf Commonwealth-Friedhof

Generalsekretär Dirk Backen, der mittags bereits vor der Französischen Botschaft einen Gedenkkranz niedergelegt hatte, besuchte zum Abschluss der Veranstaltungen am Jahrestag des Weltkriegsendes mit einer kleinen Delegation die Commonwealth-Kriegsgräberstätte an der Heerstraße.

Auf dem stets akkurat gepflegten Friedhof ruhen 3.580 Gefallene des Zweiten Weltkrieges, vor allem Piloten der Royal Airforce. Neben Briten sind hier auch Kanadier, Australier, Neuseeländer, Südafrikaner, Inder und Polen bestattet. Die Beziehungen zu den Westalliierten zeigen: Auch nach einem schrecklichen Krieg ist Versöhnung möglich.

„Die Masse derer, die hier liegen, hat einen schrecklichen Tod erlitten. Sie wurden abgeschossen. Sie sind einsam gestorben. Viele waren sehr jung. Ich empfinde großes Mitgefühl mit ihnen“, sagte Dirk Backen dort.

Text: Harald John / Diane Tempel-Bornett
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„Die Masse derer, die hier liegen, hat einen schrecklichen Tod erlitten. Sie wurden abgeschossen. Sie sind einsam gestorben. Viele waren sehr jung. Ich empfinde großes Mitgefühl mit ihnen.“

Volksbund-Generalsekretär Dirk Backen auf dem britischen Soldatenfriedhof an der Heerstraße

Das Programm der Gedenkwoche zum 8. Mai hatte schon an den Tagen zuvor begonnen: mit einem Gedenkgängen auf dem ehemaligen Standortfriedhol Lilienthalstraße und in Moabit auf den Spuren des Widerstands gegen Hitler, mit einer Lesung mit dem Historiker Per Leo in der Kapelle der Gedächtniskirche und einer Einbettung auf der Kriegsgräberstätte in Halbe. Lesen Sie mehr unter:
„Auftakt zum Gedenken am 8. Mai in Berlin”
„Versöhnung in Zeiten des Angriffskrieges”
 

Der Volksbund ist ...

... ein gemeinnütziger Verein, der 1919 gegründet wurde. Im Auftrag der Bundesregierung sucht er im Ausland nach deutschen Kriegstoten, um sie zu bergen, würdig zu bestatten und ihre Gräber zu pflegen. Das Motto „Gemeinsam für den Frieden” steht auch über der Jugend- und Bildungsarbeit als wichtigem Pfeiler. Der Volksbund finanziert sich überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden.