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Gedenken an Soldatengräbern: „Jeder Mensch ist wie eine Welt“

Volkstrauertag: Erinnern und Mahnen in der Lilienthalstraße, im „Wald der Erinnerung“ und am Bundeswehr-Ehrenmal

Wenn ehemals verfeindete Nationen zusammenstehen, ist das ein Ausdruck der Stärke und vor allem der Hoffnung – das war der Tenor der Rede von Oberst d. R. Patrick Sensburg bei der internationalen Gedenkveranstaltung, zu der der Volksbund am Vorabend des Volkstrauertages auf den ehemaligen Standortfriedhof Lilienthalstraße in Berlin eingeladen hatte. Der Präsident des Reservistenverbandes bezog die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft der Vergangenheit ebenso ein wie die der Gegenwart – einschließlich verstorbener Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr.
 

„Der Volkstrauertag behält seine einende Kraft und diese Kraft brauchen wir heute so dringend“, sagte Sensburg. Dass das geeinte Deutschland heute ausschließlich von Freunden umgeben sei, sei ein ebenso kostbares wie seltenes Privileg. Die Gedenkstunde zeige, dass es möglich sei, „Konflikte zu überwinden, zu vergeben, Versöhnung, Vertrauen und Liebe den Raum zurückerobern zu lassen, den zuvor Wut und Hass besetzt hielten.“
 

Zeichen wahrer Stärke

Was kann man der Angst und dem Schrecken der Gegenwart entgegensetzen? „Mut und die Tapferkeit, für demokratische Werte einzustehen, die Erkenntnis und den festen Glauben, dass man auch Wunden heilen kann und Feindschaften zu Freundschaften werden können. Gerade dies zeigt wahre Stärke. Wir gestalten unsere Welt und können dies auch zum Guten tun“, betonte Sensburg.

Volksbund-Generalsekretär Dirk Backen skizzierte den Weg zum Frieden: Er beginne am besten auf einer Kriegsgräberstätte. „Heute Abend beginnt er hier und hoffentlich auch in unseren Herzen“. Es gelte, zukünftige Generationen zum Engagement für Demokratie, Freiheit, gegenseitigem Respekt und Toleranz aufzurufen und mit aller Entschiedenheit gegen Rassismus, Antisemitismus, Hetze und Ausgrenzung vorzugehen.
 

„Nie wieder ist jetzt“

„Unsere Gedanken sind in diesen Tagen ganz besonders bei den Menschen in Nahost und natürlich bei den Jüdinnen und Juden“, betonte der Generalsekretär. „Wir stehen an ihrer Seite, denn ‚Nie Wieder!‘ ist die besondere Verpflichtung des ganzen Deutschlands – ‚Nie wieder!“ ist jetzt.“

Dirk Backen verwies auch auf die symbolische Bergung des einmillionsten Kriegstoten nach dem Fall des Eisernen Vorhangs im September in Litauen – ein „trauriger Rekord und doch ein Erfolg“. „Wir suchen sie alle, wir finden noch unzählige, wir geben den Toten ihre Würden und den Familien die Gewissheit, und wir werden das auch weiter tun“, versprach der Generalsekretär auf dem Friedhof in der Lilienthalstraße.
 

Im „Wald der Erinnerung”

„Wir brauchen die Soldatinnen und Soldaten, die bereit sind, für uns alle – für unsere Gesellschaft, unser Land, für Frieden und Demokratie – notfalls ihr Leben zu riskieren. Die wirkliche Bedeutung dieser Worte erfasst man an einem Ort wie diesem." Das sagte Volksbund-Präsident Wolfgang Schneiderhan am Freitag im „Wald der Erinnerung” bei Potsdam bei einer gemeinsamen Gedenkveranstaltung mit dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr. 

Vor neun Jahren war die Gedenkstätte für diejenigen errichtet worden, die im Auslandseinsatz gestorben sind. Schneiderhan nannte das einen Schritt, dem sich der Volksbund jetzt und auch weiterhin anschließen will: „Ich denke, wir beginnen heute eine Tradition”, sagte der Volksbund-Präsident. Alle 121 Namen wurden verlesen und Kränze niedergelegt.
 

„Tragen bewusst besonderes Risiko”

Generalleutnant Bernd Schütt, Befehlshaber des Einsatzführungskommandos, betonte, dass Soldatinnen und Soldaten bereit seien, für ihren geleisteten Eid mit dem höchsten Gut – ihrem eigenen Leben – einzustehen. „Sie verteidigten aktiv die Werte der Bundesrepublik und tragen bewusst ein besonderes Risiko.”

Dieser Ort auf dem Gelände der Henning-von-Tresckow-Kaserne sei Ausdruck tiefer Verbundenheit weit über die Generationen und über die Einsatzzeit hinaus. „Erinnern und Mahnen – beides braucht einen Ort, wie er hier zu finden ist”, sagte Schütt.
 

Mit ganzem Einsatz zum Frieden beitragen

Das hebräische „Shalom” stehe für die Sehnsucht nach Frieden und sei als Grußwort Ausdruck von etwas Vollkommenem, Ganzem, sagte Militärrabbiner Alexander Nachama. „Das bedeutet, dass jeder mit ganzem Einsatz zum Frieden beiträgt, statt aufzuhetzen und Vorurteile zu verbreiten, und andere so akzeptiert, wie sie sind.” In einer gemeinsamen Andacht mit dem katholischen Militärpfarrer Sebastian Schmidt zitierte Nachama ein jüdisches Sprichwort: „Jeder Mensch ist wie eine Welt. Wenn ein Mensch stirbt, stirbt eine ganze Welt.” Welche Bedeutung das haben kann, wurde an diesem Ort deutlich. Viele der mehr als 60 Anwesenden hatten eine persönliche Verbindung zu denen, deren Namen im „Wald der Erinnerung” zu lesen sind.

 

„Dies ist ein Ort der individuellen Trauer. Wer einmal einen lieben Menschen verloren hat, weiß, wie wichtig solche Plätze sind.“

Wolfgang Schneiderhan, Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge

Gedenken am Bundeswehr-Ehrenmal

Emotionale Szenen spielten sich vor der nüchternen Kulisse des Bendlerblocks ab: Boris Pistorius, Bundesminister der Verteidigung, empfing am Morgen des Volkstrauertags Angehörige von im Einsatz gestorbenen Soldatinnen und Soldaten. Vor dem Ehrenmal der Bundeswehr sagte der SPD-Politiker: „Ich möchte Ehemännern und Ehefrauen, Partnerinnen und Partnern, Freundinnen und Freunden von Herzen für ihr Kommen danken. Wir werden die, derer wir hier gedenken, niemals vergessen.”

Der Volkstrauertag, so der Verteidigungsminister in Anwesenheit der Wehrbeauftragten Dr. Eva Högl, des Generalinspekteurs Carsten Breuer und des Militärrabbiners Zsolt Balla, sei ein wichtiger Tag für ein gemeinsames Innehalten. „Jede und jeder von uns hat die Verantwortung, sich für den Frieden einzusetzen.” Allerdings, so Pistorius, seien die Zeiten schwierig und man müsse notfalls auch zu militärischen Mitteln greifen, um Werte zu verteidigen.
 

Neun Tote in zwölf Monaten

Im Anschluss an die Reden gedachten die Gäste der neun seit November 2022 ums Leben gekommenen Bundeswehr-Angehörigen und legten Kränze und weiße Rosen am Bundeswehr-Ehrenmal nieder.

Die Zentrale Gedenkstunde am Volkstrauertag im Bundestag hat die ARD live übertragen. Die Gedenkrede hielt die schwedische Kronprinzessin Victoria. Den Bericht dazu finden Sie hier: Gedenkstunde im Bundestag: Glaube an Frieden in schwierigsten Zeiten.

Harald John Abteilungsleiter Öffentlichkeitsarbeit