Künftige Aufgaben
Künftige Aufgaben
Die Arbeit des Umbettungsdienstes ist noch lange nicht getan: Rund 1,1 Million Grablagemeldungen sind noch nicht bearbeitet. Erfahrungsgemäß kann etwa ein Drittel der Kriegstoten aus diesen bekannten Grablagen tatsächlich geborgen werden – also rund 390.000.
Dazu kommen Zufallsfunde. Hier rechnet der Volksbund mit weiteren rund 80.000 Toten, die er in Zukunft noch bergen kann – insgesamt also rund 470.000.
Nicht berücksichtigt sind dabei die mehr als eine Million Kriegstoten, zu denen es keine Grablagemeldung gibt. Ebenfalls nicht eingerechnet sind die 1,2 Millionen Kriegsgefangenen, die im Ausland gestorben sind, und hunderttausende Zivilisten – von den Zufallsfunden abgesehen.
Die Suche anhand noch offener Grablagemeldungen geht also weiter. Dafür hält der Volksbund in allen Ländern, mit denen ein Kriegsgräberabkommen geschlossen ist, Kapazitäten vor, um Gräber zu erfassen, dort zu sondieren und die Toten umzubetten.
Notausbettungen
Grundsätzlich gilt: Die Umbetter des Volksbundes müssen jeden Ort in Europa innerhalb von drei Tagen erreichen können. Das ist nötig, um Gebeine bei Notausbettungen innerhalb kürzester Zeit zu bergen und die Gräber so vor der Vernichtung zu schützen. Zufallsfunde bei Bauarbeiten etwa können Notausbettung innerhalb kürzester Zeit erforderlich machen. Solche Fälle gibt es nach wie vor auch in Westeuropa.
Um diese europaweiten Einsätze zu organisieren, unterhält der Volksbund in der Bundesgeschäftsstelle in Niestetal eine Stabsstelle. Sie plant und steuert die Arbeit von 25 eigenen Umbettern im In- und Ausland sowie von 15 Firmen, die im Auftrag des Volksbundes im Ausland arbeiten. Außerdem hat der Volksbund Büros sind in Moskau, Warschau, Kiew und Minsk.
Freiwillige unterstützen seit 2023 bei Notausbettungen mit besonders knapper Frist. Sie werden von ehemaligen Mitarbeitern des Umbettungsdienstes ausgebildet, angeleitet und betreut.
Systematische Suche
Parallel zum bisherigen Vorgehen hat der Volksbund 2021 mit der systematischen Suche in umgrenzten geographischen Regionen begonnen. Das Ziel: für diese Regionen zunächst alle verfügbaren Informationen zu sammeln und zu bündeln, um dann flächendeckend alle bekannten Grablagen zu suchen und die Toten auszubetten.
Der Grund für diese neue Strategie: Der Aufwand für die Mitarbeiter ist in großen Suchgebieten mit nurmehr kleinen Grablagen höher geworden. Darum liegt es nahe, einige Umbetter temporär zu konzentrieren und gemeinsam in einer Region arbeiten zu lassen. Dennoch muss der Volksbund gewährleisten, dass in ihren ursprünglichen Einsatzräumen zügige Notausbettungen möglich bleiben.
Der Weg der neuen Strategie: Die Einsätze werden länger im Voraus geplant und intensiver durch das Bundesarchiv (Abteilung Personenbezogene Auskünfte) und das Volksbund-Referat Gräbernachweis vorbereitet. Damit ist die Datenlage bei Beginn eines Einsatzes wesentlich detaillierter als bisher, lassen sich in relativ kurzer Zeit so viele Grablagen wie möglich in einer Region finden. Das macht die Arbeit deutlich effektiver: Wiederholte Reisen in die Region entfallen, Kontakte zu Ansprechpartnern vor Ort müssen nur einmal geknüpft werden, der Einsatz von Maschinen, Gerät und Personal wird wesentlich effizienter – und damit auch kostengünstiger.
Gefunden, aber nicht ausgebettet
Immer wieder kommt es vor, dass die Umbetter Meldungen zu Grablagen überprüfen, aber entweder keine Toten finden oder sie nicht bergen können – zum Beispiel, weil die Gräber überbaut sind. Von 1992 – seit das Kriegsgräberabkommen mit Russland besteht – bis 2023 hat der Volksbund vor allem in Osteuropa mehr als eine Million Tote geborgen. Im selben Zeitraum haben die Umbetter Meldungen zu Gräbern von mehr als 670.000 Kriegstoten im Ausland überprüft, ohne Gebeine bergen zu können.
Dokumentation: die Protokolle
Dokumentiert wird jeder Fall in einem Umbettungsprotokoll. Dabei halten die Experten jede Einzelheit fest: Alter – geschätzt anhand des Knochenzustandes –, Größe, Hinweise auf Verletzungen, Beifunde wie Erkennungsmarken und persönliche Gegenstände. Manchmal werden auch Grabzettel mit den Personalien gefunden, die den Toten häufig in leeren Flaschen mit ins Grab gegeben wurden. Die Gebeine werden bis zur Einbettung auf einer Kriegsgräberstätte – zumeist im Spätherbst desselben Jahres – an sicherer Stelle aufbewahrt.
Mit dem Eintrag zur Einbettung ins Protokoll endet die Arbeit der Umbetter. Die Protokolle gehen an das Referat Gräbernachweis in der Bundesgeschäftsstelle in Niestetal bei Kassel. Dort ist die Identifizierung – neben Recherche und Nachweis von Grablagen – die wichtigste Aufgabe.