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Comic-Wettbewerb: Eine Schule räumt ab

Fünfte Runde endet mit Rekordbeteiligung –Thema plötzlich aktuell: Kinder und Jugendliche im Krieg

Dreifach groß ist die Freude an der Neuen Nikolaischule Leipzig: Zum ersten Mal, seit es die deutsche Ausgabe des Comic-Wettbewerbs gibt, stellt eine Schule die Gewinner auf den Plätzen eins bis drei. Zum Thema: „Junge Held:innen, Täter:innen, Opfer? Kinder und Jugendliche im Krieg“ gab es 40 Einsendungen – ein Rekord in der fünften Runde des deutsch-französisch-belgischen Projekts.

Im Dezember 1944 wird die 16-jährige jüdische Polin Ruza aus dem Konzentrationslager Auschwitz nach Aschersleben in die Junkerswerke zur Zwangsarbeit verschleppt. Dem Tod durch Arbeit entkommt sie nur, da sie von einem deutschen Arbeiter heimlich Essensrationen erhält. Bei einem Luftangriff kommen er und viele andere ums Leben, Ruza überlebt das und auch den Krieg. Diese wahre Lebensgeschichte haben drei Schülerinnen, 16 und 17 Jahre alt, in einem beeindruckenden Comic computertechnisch umgesetzt und schafften es damit auf den ersten Platz.
 

Ein Kinderheim ohne Spielzeug

Ihre Mitschülerinnen und Mitschüler belegten die Plätze zwei und drei in der Gruppen-Kategorie. Ihre Comics handeln von der willkürlichen Hinrichtung von Zivilisten durch die deutsche Besatzer im östlichen Europa und einem trostlosen Kinderheim, in dem kein Spielzeug erlaubt ist.

Die fünfte Runde des Wettbewerbs hat gezeigt, dass nicht Alter oder Technik entscheidend sind, sondern die kreative Erzählung und die Umsetzung. Denn auch die Gewinnerin der Einzel-Kategorie ist mit 15 Jahren eine der Jüngeren. Ausgeschrieben ist der Wettbewerb in Deutschland für 14- bis 20-Jährige.
 

Die Geschichte der 1.000 Kraniche

Mit einer detailreichen Bleistiftzeichnung erzählt Frieda Genzer aus Grevesmühlen in Mecklenburg-Vorpommern im Beitrag „1.000 Kraniche“ vom Überlebenswillen eines jungen Mädchens aus Hiroshima, das in den Nachkriegsjahren an Leukämie erkrankt. Es beginnt Kraniche zu falten – 1.000 Stück, denn wenn das geschafft ist, erfüllen die Götter einer alten Legende nach einen Wunsch. Leider bleibt diese einzige Hoffnung unerfüllt.

Die Jury war beeindruckt von Vielfalt und Qualität, wobei es vor allem darum geht, historische Zusammenhänge nicht nur zu verstehen und einzuordnen, sondern sie mit eigenen Worten in einer zugespitzten Erzählung wiederzugeben und grafisch ansprechend umzusetzen. Der Einladung des Volksbund-Generalsekretärs Dirk Backen waren die Generaldirektorin der französischen Partnerorganisation ONACVG, Véronique Peaucelle-Delelis, und Steve Maertens gefolgt – als Vertreter des belgischen War Heritage Institutes. Viele der ernsten Geschichten seien mit Blick auf den Krieg in der Ukraine erschreckend aktuell, hieß es.
 

Von damals und heute

„Kinder und Jugendliche im Krieg“ betrifft auch die Volksbund-Arbeit: Mehr als 100.000 Kriegstote unter 18 Jahren hat er erfasst. Jugendliche waren vor allem hilflose Opfer, doch Erziehung und Indoktrination machten sie auch zu Unterstützern der Hasspropaganda, teils sogar zu Soldatinnen und Soldaten in beiden Weltkriegen.

Das Wettbewerbsthema schloss gegenwärtige Konflikte ein: Charlotte Paulsen aus Heide in Schleswig-Holstein belegte mit der dramatischen Lebensgeschichte von Yusra Mardini den dritten Platz: Sie erzählt von der professionellen Schwimmerin aus Syrien, die vor dem Krieg nach Deutschland floh und hier im Olympischen Team der Geflüchteten und als UN-Sonderbotschafterin um Aufmerksamkeit für den Überlebenswillen der jungen Opfer des Krieges kämpft.
 

Jugendbegegnung und Workcamp

Die erstplatzierte Gruppe wird gemeinsam mit den französischen und belgischen Gewinnerinnen und Gewinnern in die Jugendbegegnungsstätte Niederbronn-les-Bains in Frankreich eingeladen (Bericht aus dem Vorjahr). Die Gewinnerin in der Einzel-Kategorie darf sich für eins der deutsch-französischen Workcamps anmelden. Alle, die unter den ersten drei in beiden Kategorien gelandet sind, erhalten eine Urkunde und kleine Geldpreise.

Sechste Runde hat begonnen

Die Jury bestand aus ausgewiesenen Comicexpertinnen, wissenschaftlichen Mitarbeitern verschiedener Universitäten sowie einer Gewinnerin des Wettbewerbs 2020/21. Der französische Kriegsgräberdienst ONACVG schreibt seit 2011 den Comic-Wettbewerb aus. 2018 – zu 100 Jahre Ende Erster Weltkrieg – schloss sich der Volksbund an. Seit 2021 ist auch das War Heritage Institute aus Belgien dabei. Alle drei Organisationen bieten den Wettbewerb parallel an und gestalten gemeinsam Start und Ziel.

Die sechste Runde ist eingeläutet. Das neue Thema: „Unsere Straße – Schule – Denkmal. Welche Spuren bleiben vom Krieg?“. Einsendeschluss ist der 28. Februar 2023. Am 28. Juni, 17 Uhr, bietet der Fachbereich Schulen und Hochschulen ein Onlineseminar für Lehrerinnen und Lehrer an: „Wie nehme ich mit Schüler:innen am Comic-Wettbewerb teil?“ (Anmeldung unter schule@volksbund.de).

zur Ausschreibung

Text: Dr. Vasco Kretschmann

 

Die besten Comics:

Einzel-Kategorie

1.Platz: „1000 Kraniche“: Frieda Genzer (15): Grevesmühlen, Mecklenburg-Vorpommern

2. Platz: „Die Schlangenbande“:  Isabella Stechel-Marceddu (20): Cuxhaven, Niedersachsen

3.Platz: „Yusra Mardini - Her story“ : Charlotte Paulsen (17): Heide, Schleswig-Hollstein
 

Gruppen-Kategorie

1.Platz: „Ruza - Angelehnt an die Erinnerungen von Ruza Orlean“: Leonie Dirks (16), Vanessa Schikor (17), Helene Richter (16): Leipzig, Sachsen

2. Platz: „Aussichtsloser Widerstand“: Leonard Simon (16), Elias Naumann (15), Paul Grünewald (16), Albrecht Krause (16): Leipzig, Sachsen

3. Platz: „Flames of loss“: Eloise Jerothe (16), Mathilda Pietreck (16), Thea Steinbeck (15): Leipzig, Sachsen