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Einbettung in Budaörs: „Auf dem Totenfeld den Frieden erinnern“

85 deutsche Soldaten bei Gedenkveranstaltung in Ungarn beigesetzt

„Stoppt schon den kleinsten Hass und sagt rechtzeitig Halt!“ Dieses Zitat der ungarndeutschen Dichterin Valeria Koch hörten knapp 150 Menschen anlässlich der Einbettung von 85 deutschen Soldaten auf der Kriegsgräberstätte Budaörs. Die Gedenkveranstaltung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge rückte den Zweiten Weltkrieg in den Vordergrund, doch in den meisten Köpfen dürfte auch das Grauen der Kriege in Israel und der Ukraine präsent gewesen sein.
 

Imre Ritter zitierte die Dichterin – er vertritt die Interessen der Ungarndeutschen im Parlament in Budapest. Unter den Zuhörern waren 22 Angehörige mit Familien, oft zwei, sogar drei Generationen. Auch Franz Jäger, der das Grab seines Bruders jedes Jahr besucht, war unter ihnen. Der 96-Jährige aus Murnau hat den Tod seines fünf Jahre älteren Bruders nie verwunden (mehr lesen: Trauer um den Bruder wird nicht kleiner).

 

35 Erkennungsmarken, ein Grabzettel

Sie alle erlebten eine bewegende Veranstaltung, bei der Tore May, der stellvertretende Schatzmeister des Volksbundes, die Gedenkrede hielt: „Aktuell müssen wir feststellen, dass mit den neuen Kriegen die Erinnerung an die Kriege der Vergangenheit ergraut und verblasst, obwohl die Geschichten sich wiederholen“, sagte er.

Bei den 85 geborgenen Soldaten hatten die Umbetter 35 Erkennungsmarken und einen Grabzettel gefunden. „Einigen von den hier Beigesetzten können wir den Namen hoffentlich noch zurückgeben“, so Tore May – wichtige Schritte, die dazu beitragen, die Erinnerung wach zu halten.

Ohne Geschichten keine Zukunft

Daniel Passbach, Verteidigungsattaché der Bundesrepublik in Ungarn, verwies darauf, dass es vielen Angehörigen seiner und der jüngeren Generationen nicht leicht falle, trotz Krieg in der Nachbarschaft einen unmittelbaren Bezug zum „unsäglichen Leid der Weltkriege“ aufzubauen. „Erinnerung ist letztlich Geschichte“, sagte der Oberstleutnant und „ohne Geschichte verlieren Menschen, Nationen und Bündnisse ihre Zukunft.“

Auch von Dankbarkeit sprach der Attaché: Ohne die Opfer der Vergangenheit hätten sich das Menschenbild und das Demokratieverständnis in unserem Kulturkreis nicht derart ausgeprägt entwickelt. „Für die damit zusammenhängenden Werte und unser heutiges ethisches Koordinatensystem sollten wir stets kämpfen, denn es ist es wahrlich wert.“ Jeder solle einen Beitrag leisten, um Demokratie, Freiheit und Frieden zu verteidigen – „das sehe ich als moralische Verpflichtung insbesondere der jüngeren Generation gegenüber unseren Toten an“, so Daniel Passbach.

Von traditionellen Werten Europas

Für das ungarische Verteidigungsministerium sprach Oberstleutnant Roland Marusz, stellvertretender Kommandeur des Kriegshistorischen Instituts und Museums: „Es muss weiterhin alles dafür getan werden – über die humanitäre Hilfe hinaus –, dass aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt wird. Das gegenseitige Verständnis der Nationen, das Achten der traditionellen Werte Europas, sind primär für die Bewahrung unserer Kultur und unserer Geschichte.“

Die Zusammenarbeit von Verteidigungsministerium und Volksbund nannte Marusz „beispielhaft und erfolgreich". Grundlage sei das Kriegsgräberabkommen von vor 30 Jahren. Ein Beleg für diese gute Zusammenarbeit: Deutsche und ungarische Soldaten hatten im Vorfeld der Veranstaltung erstmals gemeinsam die westlich der Hauptstadt Budapest gelegene Kriegsgräberstätte bei einem Arbeitseinsatz vorbereitet.

„Wir wollen Frieden weltweit“

Imre Ritter vertrat auch die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen und zitierte Staatspräsidentin Katalin Novák: „Wir wollen Frieden in unserer Heimat, in der Ukraine, in Europa, weltweit. Wir wollen Frieden und die daraus resultierende Sicherheit.“ Das hatte sie im September in der UN-Vollversammlung gesagt.

Den Weg dahin weise die Zeile des Gedichts: „Stoppt schon den kleinsten Hass und sagt rechtzeitig Halt“, so Imre Ritter.

Hass und Verleugnung entgegentreten

Israel, Palästina, Bergkarabach, Myanmar, Ukraine nannte die evangelische Pfarrerin Barbara Lötzsch – „uns geht der Atem aus, alles aufzuzählen. Sinnloses Sterben und wieder kommt niemand mit dem Begraben hinterher. Umso wichtiger ist es – hier auf dem Totenfeld –, den Frieden zu erinnern. Weil wir ihn auch können, weil das so wichtig ist, uns selbst daran zu erinnern: Frieden machen? Das geht!“

Im Gebet sagte die Pfarrerin: „Wir bitten für uns, dass wir uns einsetzen, dass wir verstehen, Kompromisse und das Leben zu hegen und zu pflegen, dass wir dem Hass und der Verleugnung entgegentreten.“

22 Namen verlesen

Am Hochkreuz legten anschließend Abordnungen Kränze nieder. Dazu spielte die Militärkapelle und es wurden die Namen der 22 deutschen Gefallenen verlesen, deren Angehörige gekommen waren. 18 Kränze und Gestecke verschiedener Organisationen und Verwaltungen lagen bereits am Hochkreuz.

„Stoppt schon den kleinsten Hass…“

Das Zitat der ungarndeutschen Dichterin Valeria Koch hatte schon früh am Morgen eine Rolle gespielt: am Denkmal für die deutschen Vertriebenen auf dem alten Gemeindefriedhof. Dort hatten Volksbund- und kommunale Vertreter ebenso Kränze niedergelegt wie am Ehrenmal für die im Zweiten Weltkrieg Gefallenen aus Budaörs an der römisch-katholischen Kirche. Budaörs war vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges die Stadt mit dem größten deutschen Bevölkerungsanteil in Ungarn.

Größter Soldatenfriedhof

Der Soldatenfriedhof Budaörs ist die größte Anlage für deutsche und ungarische Kriegstote im Land. Jedes Jahr bettet der Volksbund weitere Tote auf diesen Sammelfriedhof um. Hier haben bisher mehr als 16.600 Tote ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge ist ein gemeinnütziger Verein, der im Auftrag der Bundesregierung Kriegstote im Ausland sucht und umbettet. 836 Kriegsgräberstätten in 46 Ländern sind in seiner Obhut. Seine Arbeit finanziert er überwiegen aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Aktuell wirbt er mit dem „Eine-Million-Projekt” für Unterstützung.